Wer Gemüse essen will, muss es anbauen. Wer Milch trinken will, braucht Tiere, die Milch geben. Oder er verlässt sich darauf, dass die Landwirte in Europa und der Welt immer genau das liefern, was man gerade braucht. So einfach ist das aber nicht. Seit 1945 hat sich das Bild der europäischen Landwirtschaft stark gewandelt.
Seit 1957 wird in regelmäßigen Reformen die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) festgelegt. Anfangs ging es darum, die Bevölkerung nach harten Kriegszeiten zu ernähren. Die EU zahlte, wenn der Marktpreis unter Mindestniveau sank. Das wurde 1993 geändert, seitdem werden Prämien für Produkte und Betriebe ausgegeben. „Landwirtschaft orientiert sich am Markt“, stellt die Bundesregierung heute fest. Die EU-Politiker wollen mit der letzten GAP-Reform 2013 Landschaft, Umwelt, Tiere und Verbraucher schützen.
Die Reformen und die weltweite Produktion von Waren stellen vor allem kleine Betriebe vor Probleme. Gab es in Deutschland 1949 noch mehr als 668.000 Kleinbetriebe mit unter 20 Hektar Anbaufläche, so zählte das statistische Bundesamt 2010 inklusive der neuen Bundesländer nur noch rund 143.000 Betriebe in dieser Größe.
Die Devise lautet also: Aufgeben oder Anpassen. Ein gutes Beispiel für letztere Strategie kommt aus Österreich – und ist preisgekrönt. Im vergangenen Jahr gab es großen Bahnhof bei Familie Pobaschnig aus Zeindorf bei Kappel, einer Gemeinde mit 1970 Einwohnern. Die Pobaschnigs wurden mit dem Kärtener Bio-Award 2014 ausgezeichnet, für die Produktion von allergikerfreundlichem Speiseeis. Das Eis wird aus der Milch von Ziegen gewonnen und ist deshalb besonders gut für Menschen verträglich, die unter Laktoseintoleranz leiden. Ein wachsender Markt: In einer Umfrage im Auftrag von Spiegel Online gaben 23 Prozent der Befragten an, Probleme mit bestimmten Lebensmitteln zu haben. 16 Prozent führten ihre Leiden auf den Verzehr von Laktose zurück.
Die Idee kam Bernd Pobaschnig aus eigener Erfahrung. „Ich musste eine Diät machen und gänzlich auf Kuhmilchprodukte verzichten. Und so bin ich auf die Alternative Ziegenmilch gestoßen, die besser verdaulich ist“, sagte er im Gespräch mit dem ORF. Mittlerweile gibt es zwölf Eissorten. Petra Pobaschnig kümmert sich um die 40 Milchziegen. Sie finden rund um den Hof auf rund 70 Hektar optimale Voraussetzungen zum Weiden vor, leben auf prächtigen Streuobstwiesen.
Auch die Vermarktung des begehrten Produktes wird gelassen angegangen. Langsam soll das Netzwerk der Einkäufer wachsen. Das kommt der ganzen Familie zugute, denn die Pobaschnigs müssen nicht auf Teufel komm’ raus expandieren. „Durch die Bio-Speiseeiserzeugung haben wir eine gute Möglichkeit gefunden. Es ist eine große Erleichterung, nicht weiter wachsen zu müssen. Immer nur investieren und für die Familie überhaupt keine Zeit mehr zu haben, das wäre für uns keine Perspektive“, sagte Bernd Pobaschnig bei der Preisverleihung.
Lesen Sie weitere Artikel zum Thema auch unter: trailer-ruhr.de/thema und choices.de/thema
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Wie gehen wir mit unserem Essen um
Mehr als zehn Millionen Tonnen Lebensmittel werden weggeschmissen – THEMA 02/15 KONSUM
„Essen wegzuwerfen ist total absurd“
Foodsaverin Daniela Saleth über das Retten von Lebensmitteln – Thema 02/15 Konsum
„Ein Hähnchen kann nicht einfach so für 2,99 Euro im Supermarkt liegen“
Sternekoch Sascha Stemberg über bewusstes Kochen – Thema 02/15 Konsum
Weg mit dem Plastik
Warum Supermärkte auf Verpackungen verzichten – Thema 02/15 Konsum
Gegen welche Regel?
Intro – Flucht und Segen
Zum Schlafen und Essen verdammt
Teil 1: Leitartikel – Deutschlands restriktiver Umgang mit ausländischen Arbeitskräften schadet dem Land
„Es braucht Kümmerer-Strukturen auf kommunaler Ebene“
Teil 1: Interview – Soziologe Michael Sauer über Migration und Arbeitsmarktpolitik
Ankommen auch im Beruf
Teil 1: Lokale Initiativen – Bildungsangebote für Geflüchtete und Zugewanderte bei der GESA
Rassismus kostet Wohlstand
Teil 2: Leitartikel – Die Bundesrepublik braucht mehr statt weniger Zuwanderung
„Ein Überbietungswettbewerb zwischen den EU-Staaten“
Teil 2: Interview – Migrationsforscherin Leonie Jantzer über Migration, Flucht und die EU-Asylreform
Ein neues Leben aufbauen
Teil 2: Lokale Initiativen – Der Verein Mosaik Köln Mülheim e.V. arbeitet mit und für Geflüchtete
Schulenbremse
Teil 3: Leitartikel – Was die Krise des Bildungssystems mit Migration zu tun hat
„Die Kategorie Migrationshintergrund hat Macht“
Teil 3: Interview – Migrationsforscher Simon Moses Schleimer über gesellschaftliche Integration in der Schule
Bildung für Benachteiligte
Teil 3: Lokale Initiativen – Der Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe in Bochum
Das Recht jedes Menschen
Die Flüchtlings-NGO Aditus Foundation auf Malta – Europa-Vorbild Malta
German Obstacle
Hindernislauf zur deutschen Staatsbürgerschaft – Glosse
Weihnachtswarnung
Intro – Erinnerte Zukunft
Glücklich erinnert
Teil 1: Leitartikel – Wir brauchen Erinnerungen, um gut zu leben und gut zusammenzuleben
„Erinnerung ist anfällig für Verzerrungen“
Teil 1: Interview – Psychologe Lars Schwabe über unseren Blick auf Vergangenheit und Gegenwart
Zivilcourage altert nicht
Teil 1: Lokale Initiativen – Der Verein zur Erforschung der Sozialen Bewegungen im Wuppertal
Aus Alt mach Neu
Teil 2: Leitartikel – (Pop-)Kultur als Spiel mit Vergangenheit und Gegenwart
„Früher war Einkaufen ein sozialer Anlass“
Teil 2: Interview – Wirtschaftspsychologe Christian Fichter über Konsum und Nostalgie
Spenden ohne Umweg
Teil 2: Lokale Initiativen – Das Netzwerk 2. Hand Köln organisiert Sachspenden vor Ort
Nostalgie ist kein Zukunftskonzept
Teil 3: Leitartikel – Die Politik Ludwig Erhards taugt nicht, um gegenwärtige Krisen zu bewältigen
„Nostalgie verschafft uns eine Atempause“
Teil 3: Interview – Medienpsychologe Tim Wulf über Nostalgie und Politik