The Cut
Deutschland 2014, Laufzeit: 138 Min., FSK 12
Regie: Fatih Akin
Darsteller: Tahar Rahim, Sesede Terziyan, Akin Gazi
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Episches Überlebensdrama
Teufel
„The Cut“ von Fatih Akin
Mit „The Cut“ vollendet Fatih Akin seine Liebe- („Gegen die Wand“), Tod- („Auf der anderen Seite“) und Teufel-Trilogie. Anders als bei den Vorgängern wagt sich der Regisseur hier an ein historisches Drama. Den Hintergrund bildet der Völkermord an den Armeniern durch die jungtürkische Regierung des Osmanischen Reichs zu Beginn des Ersten Weltkriegs. Familienvater Nazaret ist Schmied und gläubiger Christ. Dann stehen in einer Nacht im Jahr 1915 türkische Soldaten in der Tür des Armeniers und entreißen Nazaret seiner Familie. In Zwangsarbeit wird er Zeuge von Mord und Misshandlung. Mit Glück entgeht er seiner Hinrichtung, erfährt vom Überleben seiner Töchter und macht sich auf den Weg, sie zu finden. Eine Reise, die ihn über den Atlantik führen soll und auf der ihm Liebe, Tod und Teufel begegnen werden.
Fatih Akin greift mit der Schilderung des Schicksals der Armenier mancherorts ein Tabu auf, versteht sich dabei aber nicht als politischer Filmemacher. Die Verbrechen gegen das armenische Volk bilden vielmehr nur den Ausgangspunkt für ein episches Schicksalsdrama und können mühelos in zeitgenössische Konflikte übersetzt werden. So betrachtet ist Akins Bezugsrahmen sehr wohl eine Stellungnahme, vor allem aber erzählt das Drama von einem gottesfürchtigen Familienvater, der sich zu einem moralisch aufrechten, aber verzweifelten Vagabunden mausert, Gott abschwört und am Ende erkennen muss: Das Böse ist immer und überall. Ein Drama über Grauen und Barmherzigkeit, über Flucht und Suche, über Familie und verlorene Kinder.
Nazaret verliert schon bald seine Stimme, weite Teile dieses Spielfilms gestalten sich stumm. Das ist ungewohnt für Akin, so wie es das historische Drama ist. Und die Epik der Geschichte, die nur von seinem „Solino“ übertroffen wird. Insofern bildet „The Cut“ in mancherlei Hinsicht ein Debüt, und so inszeniert der Regisseur mitunter auch mal weniger souverän als gewohnt. Das Drama gibt sich vor allem zu Beginn sperrig, wenn Nazaret die Schrecken des Völkermords durchlebt, was vergleichbar szenisch und gleichnishaft vermittelt wird. Die deutsche Synchronisation ist hier besonders problematisch. Dann aber gewinnt der Film an Intensität und zeugt von Akins cineastischer Reife. Vor allem, wenn der Regisseur nach der Überfahrt seines Helden im Grunde wenig erzählt und dabei vieles zugleich. Hier kommen endlich auch die musikalisch-psychedelischen Akzente von Alexander Hacke (Einstürzende Neubauten) zum Tragen. Nazarets grausame Vergangenheit schwebt auf seiner Reise über allem und gleicht alles ab. All das wird christlich untermauert, nicht von ungefähr dankt Fatih Akin im Abspann allen voran Gott. Wir fragen uns derweil: Was ist gut, und was ist böse? Eine Frage, die Nazaret für den Rest des Lebens beschäftigen wird und den Zuschauer über den Kinobesuch hinaus.
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(Hartmut Ernst)
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