In Bristol gingen die Uhren schon immer ein wenig anders. Früher hatte die Großstadt im Südwesten Englands sogar eine eigene Uhrzeit. Heute ist man hier stolz darauf ein wenig „edgy“ zu sein. Eine Stadt mit Ecken und Kanten. Unorthodox und voller Kreativität. Dazu passen die kunterbunten Banknoten, die neuerdings immer häufiger über die Ladentheke gehen: Seit 2011 vereinen Bristol Pounds Lokalpatriotismus und Globalisierungskritik auf einem Geldschein.
„Money that sticks to Bristol“, versprechen die Macher der Lokalwährung: Geld, das in Bristol bleibt. Das ist mehr als ein Spruch. Denn: Im Zeitalter multinationaler Unternehmen fließen die Geldströme häufig weit weg von ihrer realwirtschaftlichen Basis. Enorme Gewinnsummen verschwinden so in Steuerparadiesen und undurchsichtigen Fonds. Die Folge: Eine Gesellschaft, die so effizient und produktiv ist wie niemals zuvor, verteilt ihren Wohlstand in immer weniger Hände. Lohnscheren gehen auseinander. Die soziale Ungerechtigkeit nimmt zu.
Dem soll das Bristol Pound entgegenwirken. Die Mission: Lokale Wirtschaftskreisläufe fördern und regionale Initiativen stärken. In über 800 Geschäften wird die nur in Bristol geltende Währung inzwischen akzeptiert – per Bargeld, Chipkarte oder App. Zwar spiegelt das Bristol Pound nur einen Bruchteil des Wirtschaftslebens in Bristol wieder. Doch die Lokalwährung zeigt: Alternativen zum globalisierten Finanzsystem sind möglich. Dazu gibt es greifbare Erfolge: Bereits jetzt befinden sich auf Bristols Einkaufsstraße mehr inhabergeführte Läden als irgendwo sonst in Großbritannien.
Eine neue Idee ist Regiogeld allerdings nicht. Schon 1931 kam in der österreichischen Kleinstadt Wörgl ein findiger Bürgermeister auf die Idee, dass es noch andere Antworten auf die Weltwirtschaftskrise geben müsse als rigoroses Sparen. Das darauf eingeführte Wörgler Freigeld kurbelte die lokale Wirtschaft dann tatsächlich so erfolgreich an, dass zahlreiche Kommunen das Erfolgsmodell kopieren wollten. Zu viel des Guten: Die österreichische Notenbank fürchtete um ihre Machtstellung und ließ das Wörgler Geld verbieten.
Heute steht Regionalgeld vor anderen Herausforderungen: Das Bristol Pound ist auch deshalb so erfolgreich, weil das Projekt mit EU-Fördergeldern subventioniert wird. Subventionen für die man sich auch im Bergischen Land interessiert. Marc Berghaus, der bereits Erfahrung bei der erfolgreichen Regionalwährung Chiemgauer gesammelt hat, versucht gerade ein ähnliches Projekt in Wuppertal zu initiieren. Eigentlich sind die Rahmenbedingungen gut. Es gibt hier schließlich nicht nur eine lange Tradition von bürgerschaftlichem Engagement und nachhaltigem Wirtschaften sondern auch Think Tanks wie das Wuppertal Institut oder die Utopiastadt. „Allerdings ist die Verwaltung eines Regionalgelds ähnlich aufwendig wie das Betreiben einer Bank“, sagt Berghaus. „Ehrenamtlich ist das kaum zu stemmen.“
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