Wayne Shorter ist tot. Fast neunzig Jahre alt ist er geworden, der weise Mann am Saxophon, der bei Art Blakey in die Schule der Messenger ging, im zweiten Quintett von Miles Davis seine Kompositionen einbrachte und später den Wiener Weltmusiker Joe Zawinul bei Weather Report unterstützte. Sein langjähriges letztes Quartett verfügte über eine Power, dass der alte Bläser sich weitgehend heraushielt – lasset die Feuer brennen, ich wärme mir daran die Füße.
Eine Generation später als Shorter startete David Murray ein ganz anderes Saxophon-Leben. Er wechselte als Knabe in der Rhythm & Blues Band vom Alt zum Tenor aus Verehrung vor Sonny Rollins, dem letzten heute noch lebenden Vertreter der Tenor-Legenden. Als Murray mit 20 Jahren von Kalifornien nach New York umsiedelt, hießen die avantgardistischen Helden Cecil Taylor und Anthony Braxton, Albert Ayler predigte den Free Jazz, James Blood Ulmer den Free-Funk. David Murray hatte das Zeug, auch ein neuer John Coltrane zu werden, aber er liebte auch Lester Young und Ben Webster – und aus all diesen Figuren im Jazz-Ballett entstand ein David Murray, ein Original, das auf rund 250 Alben und in tausenden Konzerten weit über den Tellerrand hinausschaute.
So gründet er mit einigen anderen jungen Sax-Raketen das World Saxophon Quartet, das vor 45 Jahren beim Moers Festival ihr Europa-Debüt gab. In Moers, damals das Mekka der Improvisierten Musik, war Murray für Jahrzehnte Stammgast, in den wildesten Besetzungen vom Oktett bis zur Big Band, stilistisch ein nimmersattes Kind seiner Zeit. Ihn interessierte die intime Besetzung nach dem Vorbild des klassischen Streichquartetts bis zum orchestralen Klangrausch der großen Swingorchester – natürlich immer in der zeitgenössischen intensiven Sprache des Powerjazz: Gospel-Sounds, Free Jazz, Afro-Karibisches, archaischer Blues, Soul.
Seit zehn Jahren feiert der Jazzklub Krefeld im Rittersaal der Burg Linn den International Jazz Day, diesmal belohnen sie ihren langen Atem nach der harten pandemischen Pause mit dem Grammy-Gewinner David Murray. Kassa Overall am Schlagzeug und Bassist Luke Stewart begleiten den ebenfalls auf der Bassklarinette versierten Bläser, der durch Zirkular-Atmung Klänge wie aus einem Blasebalg über weite Strecken dehnen kann: Im Rittersaal ist dafür in jedem Falle genügend Platz.
International Jazz Day | 30.4. 19 Uhr | Burg Linn, Rittersaal | jazzklub-krefeld.de
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