POLITIK-LABOR – Ein Thema, drei Schwerpunkte: Aufmacher, Interviews, Europa-Artikel, Glosse und Lokaltexte aus Köln, Wuppertal und dem Ruhrgebiet
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Verspielt / Gewinnen und verlieren
Intro (Link zur Langfassung)
Gesellschaftsspiel – das Wort verspricht kurzweiligen Zeitvertreib und eine Auszeit vom Ernst des Lebens. Der Ausgang hängt von Zufall, Geschicklichkeit oder Wissen ab, doch auch einfache Spiele sind Charakter-Übungen: Sie fördern oder hinterfragen Motive wie Ehrgeiz, Empathie oder Humor. Brettspiel-Regeln verdichten gesellschaftliche Normen: Sie abstrahieren Mechanismen zur Güterverteilung (Monopoly), simulieren Konflikte (Risiko) oder standardisieren Lebensläufe (Spiel des Lebens). Videospielen wird heute sozialer Wert zugesprochen, doch Kritik an problematischen Inhalten wie Gewalt und Sexismus bleibt. Auch der Wettkampf im Sport betont Konkurrenz, nicht immer Fairness oder Bewegungsfreude, und fördert Eigenschaften wie Egoismus und Ruhmsucht. Inwiefern bieten Gesellschafts-, Video- und Sportspiele Auszeiten vom Alltag und Einblicke in Verhaltensregeln, die zum gesellschaftlichen Miteinander gehören?
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Teil 1: Brett-, Würfel- und Kartenspiele
Manche Gesellschaftsspiele setzen sich wie andere Medien mit politischen Themen wie Geschichte oder Klimawandel auseinander, auch wenn komplexe Entwicklungen dabei nur stark vereinfacht dargestellt werden können. Dennoch sehen Beobachter darin eine Möglichkeit, demokratische Kompetenzen zu fördern: Regeln lernen und befolgen, kooperieren und gemeinsam Regeln anpassen. Gesellschaftsspiele erlauben dabei ein Spiel ‚auf Augenhöhe‘ über sozioökonomische und politische Grenzen hinweg und werden so auch als Mittel politischer Bildung betrachtet. Oft spielen jedoch Menschen, die sich gut kennen und deren Verhältnis geklärt ist – vielleicht, um Verlegenheit zu überspielen? Sollte die politische Dimension von Gesellschaftsspielen daher zurückhaltender eingeschätzt werden? Und können Spiele, indem sie Konventionen beiläufig wiederholen, dazu beitragen, fragwürdige gesellschaftliche Praktiken fortzuführen statt sie geänderten Umständen anzupassen (Wirtschaftsmonopole, Fiskaltheorie …)?
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Teil 2: Videospiele und E-Games
Die Diskussion um suchtfördernde und jugendgefährdende Aspekte von Videospielen ist teils überholt, da technische Innovationen Videospiele stark verändert haben. Videospiele erzählen heute literarisch-filmisch und beeinflussen andere Medien. Die Grenzen zwischen gefährdenden und sensibilisierenden Medien scheinen unschärfer denn je. Erfolgserlebnisse und Cliffhanger halten Motivation und Neugier aufrecht, und die oft anspruchsvolle Steuerung bringt zusätzliche Erfolgsmomente. Videospiele sind meist von Wettkampf und Zeitdruck geprägt, doch gibt es auch Spiele, die reines Erkunden ermöglichen. Themen wie Überleben, Macht und Selbstoptimierung greifen reale Bezüge auf, aber trotz steigender Herausforderungen wird der Erfolg selten verwehrt – wer würde weiterspielen, wenn nur Scheitern bleibt? Befreien Videospiele von realem Ballast, oder beeinträchtigen sie die Fähigkeit, mit Verlusten umzugehen?
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Teil 3: Hobby- und Leistungssport
Sport gilt als völkerverbindend und unpolitisch, doch Kommentatoren heben nationale Stärken und Schwächen hervor und Sportler repräsentieren oft ganze Nationen. Der Aufwand, mit dem Regierungen Höchstleistungen fördern, wirft Fragen auf, ebenso wie Funktionärs-Deals, zweifelhafte Austragungsorte und Menschenrechtsverletzungen. Wie unpolitisch bleibt Sport, wenn Nationenkampf und ökologische wie soziale Folgen im Mittelpunkt stehen? Starfußballer gelten als Vorbilder, fördern jedoch durch ihre Werbung hohe Einnahmen, während sich viele Fans Tickets und Trikots kaum leisten können. Auch das Thema Doping bleibt brisant: Viele Rekorde wären ohne verbotene Substanzen nicht möglich, was den fairen Wettkampf untergräbt und die Gesundheit gefährdet. Sport zeigt Elitenkult und Profitdenken und ist damit ein Geschäft wie viele andere. Doch stehen diese Verwerfungen im Gegensatz zum Breitensport – oder ist das Profitstreben dort bereits angelegt?
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Teil 4: Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Videospiele sind ein großes Geschäft: 2022 erwirtschaftete die Branche weltweit ca. 200 Milliarden Euro. Rund 60 Prozent der Deutschen spielen regelmäßig. Ein lukratives Modell der Branche ist der Verkauf von „Items“ – von Ausrüstungen bis zu virtueller Währung –, die in Multiplayer-Spielen Vorteile bringen. Diese kosten oft echtes Geld und erreichen schnell hohe Summen. Besonders umstritten sind „Lootboxen“, die gegen Bezahlung zufällige Belohnungen enthalten. Kritiker sehen darin Glücksspiel und fordern eine Altersbegrenzung, da viele Spiele mit Lootboxen auch für Kinder zugänglich sind. Belgien hat Lootboxen 2018 nach Diskussionen um „Star Wars Battlefront II“ als Glücksspiel verboten. Verstöße werden dort streng sanktioniert. In Deutschland läuft die Debatte noch: Niedersachsen fordert eine Altersgrenze von 18 Jahren für Spiele mit Lootboxen, die CDU ein Einzahlungslimit. Die Politik könnte künftig auch hier strengere Regelungen einführen.
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Teil 5: Glosse – Wie Personalmanagement das Leben neu definierte
Was passiert, wenn eine HR-Abteilung beschließt, das Arbeiten durch Gamification ‚spielerisch‘ zu revolutionieren? Genau das erfährt ein namenloses Unternehmen auf die harte Tour: Nach einem Führungskräfteseminar kündigt der HR-Head Innovation Chief an, die Produktivität durch spielerische Elemente zu steigern – was jedoch mit absurden Maßnahmen endet. Mitarbeiter müssen für jede Aufgabe virtuelle „Jelly Beans“ und „Level“ freischalten, was letztlich sogar die Gehaltsabrechnungen lahmlegt. Als Logistikprozesse auf Würfelmechanismen wie bei „Mensch ärgere dich nicht“ umgestellt werden, brechen Lieferketten zusammen und Kunden springen ab.
Ihre engels-Redaktion
Ran an die Regeln
Intro – Verspielt
Das Spiel mit der Metapher
Teil 1: Leitartikel – Was uns Brettspiele übers Leben verraten
„Ich muss keine Konsequenzen fürchten“
Teil 1: Interview – Spieleautor und Kulturpädagoge Marco Teubner über den Wert des Spielens
Zusammen und gegeneinander
Teil 1: Lokale Initiativen – Spieletreffs in Wuppertal
Es sind bloß Spiele
Teil 2: Leitartikel – Videospiele können überwältigen. Wir sind ihnen aber nicht ausgeliefert.
„Viele Spiele haben noch einen sehr infantilen Touch“
Teil 2: Interview – Medienpädagoge Martin Geisler über Wandel in der Videospiel-Kultur
Jenseits der Frauenrolle
Teil 2: Lokale Initiativen – Die Spieldesignerin und Label-Gründerin Mel Taylor aus Köln
Werben fürs Sterben
Teil 3: Leitartikel – Zum Deal zwischen Borussia Dortmund und Rheinmetall
„Genießen der Ungewissheit“
Teil 3: Interview – Sportpädagoge Christian Gaum über das emotionale Erleben von Sportevents
Immer in Bewegung
Teil 3: Lokale Initiativen – Sportangebote für Jugendliche im Open Space in Bochum
Spielglück ohne Glücksspiel
Gegen teure Belohnungen in Videospielen – Europa-Vorbild: Belgien
Spielend ins Verderben
Wie Personalmanagement das Leben neu definierte – Glosse