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POLITIK-LABOR – Ein Thema, drei Schwerpunkte: Aufmacher, Interviews, Europa-Artikel, Glosse und Lokaltexte aus Köln, Wuppertal und dem Ruhrgebiet

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Composing: Robert Michalak
 

Rausch im Glück / Zwischen Euphorie und Elend
Intro (Link zur Langfassung)

Kaum eine Ladenkasse kommt ohne Alkoholregal aus. Dabei gibt es rund 8 Mio. Millionen Menschen in Deutschland, die Alkohol in „gesundheitlich riskanten“ Mengen zu sich nehmen (DHS Jahrbuch Sucht 2024). Der daraus folgende volkswirtschaftliche Schaden ist gewaltig. Den Suchtfaktor Alkohol als bloß persönliche Entscheidung zu verteidigen, kann mindestens verharmlosend, wenn nicht zynisch wirken. Ähnliches gilt für Glücksspiel, dessen Profiteure geschickt Gesetze ausreizen, um Zielgruppen zu manipulieren. Die „Störung Kaufsucht“ scheint zuzunehmen, ist mit unzähligen sozialen und wirtschaftlichen Faktoren verknüpft. Ein Leben ohne Rausch mag für eine überwältigende Mehrheit nicht wünschenswert sein. Gibt es sogar ein „Recht auf Rausch? Die Gefahr des Rauschs, die profitorientierte Förderung von Sucht sowie mangelnde Hilfsangebote stellen Gesellschaften vor schwierige Fragen bzw. stehen für große Versäumnisse.

Rausch im Glück / Zwischen Euphorie und Elend
Teil 1: Kaufsucht

Lust am Konsum ist ein Baustein von Gesellschaften. Großer Leidensdruck entsteht für Einzelne, wenn er mit Kontrollverlust einhergeht, mit Kaufattacken, wenn Waren in übertriebener Stückzahl oder gänzlich unnötige Waren erworben werden. Schlechte Stimmung, Langeweile und ähnliches führen Betroffene als Motive an. Daraus resultieren Konflikte mit Partnern, Freunden oder Familie sowie finanzielle Probleme bis zur Verschuldung oder dem Verwenden fremden Geldes (Sparbuch des Kindes, bestellen im Namen des Partners). Die „Diagnose Kaufsucht“ ist umstritten, gilt u.a. als gestörte Impulskontrolle, möglicherweise als Verhaltenssucht. Betroffen sind unterschiedlichste Einkommens- und Altersklassen, mutmaßlich eher Frauen als Männer. Wer finanziell gut dasteht, ist von den wirtschaftlichen Verheerungen einer Kaufsucht freilich tendenziell weniger betroffen. Selbstwertprobleme, Kindheitserfahrungen, Impulsivität oder Depressionen werden als Ursachen diskutiert.

Rausch im Glück / Zwischen Euphorie und Elend
Teil 2: Drogen

Das „Kulturgut“ Alkohol gilt vielfach als unverzichtbar, als Mutprobe unter Jugendlichen, soll von Kennerschaft zeugen oder von Individualismus. Ob Dosenbier oder „erlesener“ Wein, hier wie dort ist die ausschlaggebende Zutat ein Körpergift, dessen Reize und Risiken auf der Hand liegen. Die Ungleichstellung von Cannabis und Haschisch gegenüber Alkohol ist für viele Ausdruck schreiender Ungerechtigkeit. Pillen, Pilze, Kokain, Ecstasy, Lachgas usw. gelten als Tabu oder als Partygag. Gesellschaftlich normalisiert dürfte absehbar nichts davon werden. Zigarettenkonsum sieht sich längst Einschränkungen gegenüber, kann (hierzulande) nur unter Auflagen beworben werden. ‚Ersatz‘-Produkte wie Dampfer gelten teils als schick, teils als zu wenig erforschtes Risiko. Legale Drogen sind ein Riesengeschäft – illegale ebenso. Prävention ist vielfach gescheitert, Strafverfolgung richtet sich großteils gegen „kleine Fische“, wird als fehlgerichtet kritisiert oder Ausdruck von staatlicher Doppelmoral.

Rausch im Glück / Zwischen Euphorie und Elend
Teil 3: Glücksspiel

Das maßgeblich staatlich bzw. auf Länderebene regulierte Lottosystem wird kaum jemand anrüchig nennen. Anders ist es vielfach bestellt um Casinos, Spielotheken, Rennbahnen und andere Sportwetten. Verbraucher- oder Jugendschutz treten hier oft in den Hintergrund. Einen Aufschwung in Deutschland hat namentlich Online-Glücksspiel erfahren, nachdem es im Juli 2021 weitgehend legalisiert wurde (Glückspielstaatsvertrag). Die Liberalisierung erfolgte unter höchst fragwürdigem Einsatz des ehm. CDU-Politikers und Ministerpräsidenten Harry Cartensen, des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki und anderer. Die Glückspielbranche steht in der Kritik, Risikofaktoren ihrer Zielgruppen gezielt auszunutzen, indem Wettstellen bspw. in sozioökonomisch benachteiligten Stadtteilen eröffnet werden, wo sich das Publikum einerseits eine drastische Lebensverbesserung durch Spielgewinne erhofft, andererseits sich mittels Wetteinsätzen allzu leicht verschuldet.

Rausch im Glück / Zwischen Euphorie und Elend
Teil 4: Spielautomaten aus Kleinstädten verbannt – Europa-Vorbild: Rumänien

2024 verabschiedete die rumänische Regierung ein Gesetz, das Glücksspielautomaten in Städten mit weniger als 15.000 Einwohnern verbietet. Anbieter verlieren ihre Lizenz, wenn sie neue Automaten in Kleinstädten aufstellen oder nicht die bisher errichteten Spielautomaten abbauen. Außerdem drohen Geldstrafen, falls Minderjährige nicht konsequent aus Glücksspieleinrichtungen ferngehalten werden. Bisher fanden in den Einrichtungen kaum Ausweiskontrollen statt und Spieler wurden nicht erfasst. Dadurch konnten Minderjährige trotz Altersbeschränkungen problemlos Zutritt erhalten. Die liberale Oppositionspartei USR, die sich für Korruptionsbekämpfung und Rechtsstaatlichkeit einsetzt, forderte, Spielautomaten auch in Großstädten zu verbieten. Rumänien folgt mit dieser Maßnahme einer Empfehlung der Studie „On Gambling“, die 2024 im Fachmagazin The Lancet Public Health erschien. Darin raten Forschende, das Glücksspielangebot zu reduzieren und Werbung zu verbieten.

Rausch im Glück / Zwischen Euphorie und Elend
Teil 5: Glosse – Zwischen Selbstoptimierung und Abhängigkeit

Ich wohne in Düsseldorf in der Königsallee. Dagi Bee wohnt im selben Gebäude. Mein Name ist Patrick Battenmann. Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt. Battenmann geht ins blendend weiß geflieste Badezimmer, uriniert und mustert dabei sein Spiegelbild in einem Poster für Les Miserables über seiner Toilette. Ich lege Wert darauf, mich in Form zu halten, mit einer ausgewogenen Ernährung und einem strengen Trainingsprogramm. Morgens, wenn mein Gesicht ein wenig verquollen ist, lege ich einen Eisbeutel auf, während ich meine Sit-ups mache. Ich schaffe mittlerweile tausend. Später, als Battenmann in der dampfenden Dusche steht, bewundert er seine Muskeln. Was meine Ernährung angeht, bin ich ähnlich bedacht. Für den nüchternen Magen wähle ich einen bekömmlichen Sud, der nicht nur an den gestrigen Konsum anknüpft, sondern mich gleichzeitig mit essentiellen B-Vitaminen wie Niacin, Pantothensäure und Pyridoxin versorgt.

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