Seit seiner deutschen Erstaufführung 1961 gehört das auf George B. Shaws „Pygmalion“ basierende Musical zum Repertoire unserer Theater. Wohl auch, weil die Kompositionen des in die USA emigrierten Deutsch-Österreichers Frederik Loewe der Wiener Operette näher stehen, als dem vom Jazz beeinflussten Musical. So macht sich beim überwiegend auch im Operettenalter befindlichen Publikum schon „Schunkel“-Stimmung breit, als die von Gero Körner einfühlsam dirigierte sechsköpfige Band die Ouvertüre anstimmt.
Während im Original breitestes Cockney-Englisch gesprochen wird, in der deutschen Ur-Fassung „berlinert“ wird, lässt Intendant und Regisseur Uwe Brandt seine Schauspieler in pointierten Momenten gemäß ihrer Herkunft reden: Das reicht dann vom rheinischen Singsang bis zum hessischen Gebabbel, ohne dass sich dieser Gag in den Vordergrund drängt. Professor Higgins und Oberst Pickering sprechen natürlich Hochdeutsch, wollen sie doch das Blumenmädchen Elisa zu einer „Lady“ machen. Diese Ménage à trois hat Brandt in den Mittelpunkt seiner kammerspielartigen Interpretation gestellt. So sind die Szenen, in denen Higgins und Pickering Elisa „phonetisch“ quälen, dann auch die Glanzstücke seiner Inszenierung, die die Darsteller zu Höchstleistungen treibt: Gido Schimanski setzt dabei dem von der üblichen Higgins-Interpretation gewohnten Sprechgesang seinen wohltuend sanften Tenor entgegen. Thomas Bayer hat die Pickering-Rolle geradezu verinnerlicht, erntet mit seinem launigen Spiel viele Lacher. Und Karina Kettenis (Elisa) weiß ihren Sopran so angenehm zurückzunehmen, dass er genau den Musical-Ton trifft.
Da ausgerechnet eine – wenn auch geniale – Fehlbesetzung das wunderbar harmonisch agierende Ensemble würzt, gehört zu den Überraschungen der Inszenierung: Dejan Brkić als Elisas versoffener Vater ist eigentlich viel zu jung für die Rolle, wiegt das aber mit viel humoriger Schlitzäugigkeit auf. Dazu setzen die in seinem schlicht-funktionalen Bühnenbild wie ein Ausflug in Fellinis Zirkuswelten wirkenden Kostüme von Steven Koop, genau wie Marga Renders schmissige Choreografien, der gelungenen Inszenierung noch ein paar Sahnehäubchen auf.
„My Fair Lady“ | bis 6.2. | auf Tour im Raum Aachen | 0241 474 61 11
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