Der Vater hatte irgendwo eine ramponierte Deko-Fanfare gekauft, und der kleine Sohn im Milchzahnalter war gleich fasziniert. Das hat sich mit Zahnwerdung intensiviert – das Instrument wurde verbessert, mit 14 kam er in die Klasse des klassischen Trompetenstars Reinhold Friedrich. Heute gilt er als „Junger Wilder“, wie die in Dortmund geförderten Rising Stars genannt werden, und unterrichtet selbst als „Visiting Artist“ am Königlichen Konservatorium in Birmingham. Und da die Wilden kaum zu bändigen sind, legt unser umtriebiger Trompeter Simon Höfele mit seinem Kammermusikpartner Frank Dupree ein Jazzalbum vor – mit Klaviertrio und Streichquartett.
Der Mittzwanziger Höfele nannte sein mit dem Klassik-Preis bedachtes Album „Standards“ – ein Begriff, der im Jazz das Grundrepertoire aller Jazzmusiker bezeichnet. Er stellte hier Haydn und Hummel neben Arutjunjan und Copland, Konzerte von 1800 bis 1950. Mit dem neuen Album „Salted Caramel“ gehen die Freunde Dupree und Höfele einen Schritt weiter: Sie ehren ihre Ikonen der Jazzgeschichte mit sehr eigenen Arrangements. Hier treten Grenzgänger wie George Gershwin oder Lenny Bernstein gegen Trompetenlegenden wie Miles Davis, Chet Baker oder Roy Hargrove an – fernab jeden Gedankens, die alten Recken kopieren zu wollen. „Wir haben den Jazz eigentlich so klassisch wie möglich und dafür die Klassik so jazzig wie möglich behandelt“, sagen die beiden Chefs dieses Projektes, die z.B. die „Rhapsodie in Blue“ im Duett abhandeln und die Trompeten-Sonata von Daniel Schnyder wie gemeißelt in den Tasten parallel zum Blech führen.
In der Jazzabteilung leisten sich die Musiker Bass und Schlagzeug, in Gershwins Klavierkonzert in F kommt sogar das „Goldmund Quartett“ dazu, und die Streicher treiben bei aller Liebe nicht den Jazz aus. Ganz verrückt und bestgelaunt klingt der Gillespie-Titel „Manteca“, in dem einst der Perkussionist Chano Pozo den Latin-Jazz ertrommelte und tanzte, bis ihn sein Marihuana-Händler in Harlem rücklings erschoss. Hier wird bestimmt niemand erschossen, denn der Hang nach absolutem Gardemaß und Sauberkeit in der Intonation widerspricht allen Drogen. Deshalb klingt auch eine Hommage an Chet Baker, dem König allen Gifts, nach Jugend und Gesundheit – mit einer kleinen Träne für den charaktervollen Kollegen.
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