Das diesjährige Festival Tanz.Tausch ist an Diversität kaum zu übertreffen. Wenn Mechtild Tellmann, die langjährige Veranstalterin des Festivals, sagt: „Wir haben alles in einen Topf geworfen“, meint sie aber etwas anderes. Die Kooperation zwischen ihr und der von Slava Geppner geleiteten TanzFaktur mag aus der Not geboren sein, hat sich aber schon in der Vergangenheit als besonders fruchtbar erwiesen. Den Stacheldraht liefert Laura Heyer, eine Performance-Künstlerin aus Mönchengladbach, der in Köln ein größerer Rahmen für ihre tollkühnen Projekte eröffnet werden soll. Sie wickelt sich unbekleidet in 500 Meter Grenzzaun ein.
Dass sich politische Aktionen nicht in Worten erschöpfen müssen, sondern eine besonders eindringliche Wirkung im Bild entfalten, demonstriert die aus Litauen stammende, in Brüssel ausgebildete Tänzerin Liza Balliasnaja. Sie möchte in Köln ihre künstlerische Heimat finden und stellt sich auf dem Außengelände der Tanzfaktur mit der Premiere ihres Stücks „Chiaroscuro“ vor, in dem die Dynamik der Angst regiert. Zu den Trümpfen des Festivals gehört der Blick in andere Tanzregionen Deutschlands, etwa nach Mannheim oder Berlin. Aus der Kurpfalz kommen Lorenzo Ponteprimo und seine Schwester Cecilia. In ihrer Produktion „Generation Ditto“ zeigen sie in beeindruckenden Bodenchoreographien, wie zwei Körper zu einem Kunstwesen verschmelzen. Berlin ist hingegen mit Yotam Peled & the Free Radicals vertreten. Dahinter verbirgt sich eine Männertruppe, die männliche Zärtlichkeit mit Kampfkunst verbindet.
Gleich aus der Nachbarschaft reist die Bonner Tanzkompanie CocoonDance mit ihrem Erfolgsstück „RUNthrough“ an. Eine Produktion, die sich aus der inspirierenden Begegnung mit anderen Tanzgruppen speist, deren Interesse sich auf Volkstanz, Musik oder Inklusion richtet. Gemeinsam entwickelte man Bewegungssequenzen, die beim Betrachten unweigerlich einen Sog erzeugen. Kaffee und Kuchen wird es beim „Finnischen Abend“ geben, den Marje Hirvonen und Nella Turkki im geschmückten Lichthof der TanzFaktur veranstalten. Vom klassischen finnischen Volkstanz bis zur aktuellen Tanzperformance wird sich der Bogen spannen. Zuschauen ist dabei ebenso gefragt wie mittanzen.
Tanz.Tausch | 2. - 8.9. | TanzFaktur | 0221 22 20 05 83
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Tanzen, auch mit Prothese
Inklusive Tanzausbildung von Gerda König und Gitta Roser – Tanz in NRW 01/25
Die Erfolgsgarantin
Hanna Koller kuratiert die Tanzgastspiele für Oper und Schauspiel – Tanz in NRW 12/24
Tanz aus der Tristesse hinaus
„Saturday Night Fever“ am TiC
Im Kreisrund sind alle gleich
4. Ausgabe des Festivals Zeit für Zirkus – Tanz in NRW 11/24
War das ein Abschied?
Sônia Motas „Kein Ende“ in den Kölner Ehrenfeldstudios – Tanz in NRW 10/24
Supergau?
Die Kölner TanzFaktur steht wieder einmal vor dem Aus – Tanz in NRW 09/24
Wunderbar: alles ohne Plan
„Leise schäumt das Jetzt“ in der Alten Feuerwache in Köln – Tanz in NRW 07/24
Vor der Selbstverzwergung
Ausstellung zu den „Goldenen Jahren“ des Tanzes in Köln – Tanz in NRW 06/24
Philosophie statt Nostalgie
Das Circus Dance Festival in Köln – Tanz in NRW 05/24
Das Unsichtbare sichtbar machen
Choreographin Yoshie Shibahara ahnt das Ende nahen – Tanz in NRW 04/24
Tennismatch der Kühe
„Mata Dora“ in Köln und Bonn – Tanz in NRW 03/24
Kommt die Zeit der Uniformen?
Reut Shemesh zeigt politisch relevante Choreographien – Tanz in NRW 02/24
Am Ende ist es Kunst
Mijin Kim bereichert Kölns Tanzszene – Tanz in NRW 01/24
Tanz auf Augenhöhe
„Chora“ in der Tanzfaktur – Tanz in NRW 12/23