Das Dokumentarfilmfestival „Stranger Than Fiction“ findet Anfang des Jahres zum 17. Mal statt. Vom 23.1. bis 4.2. werden in Köln, Bochum, Duisburg, Dortmund, Düsseldorf, Essen und Münster zahlreiche Dokumentationen zu sehen sein, die dem Festivaltitel wieder alle Ehre machen.
Als Eröffnungsfilm wird Maurizius Staerkle-Druxs Dokumentation über „Die Böhms“ gezeigt. Der Film beleuchtet das Werk von Gottfried Böhm und seinen Söhnen Stephan, Paul und Peter, die die Dynastie des Kölner Nachkriegsarchitekten mit seinen typischen ‚Betonfelsen‘ mit Gebäuden wie der Köln Arena, den WDR Arkaden oder der Zentralmoschee in Ehrenfeld fortsetzen. Der Film blickt aber auch auf die „Architektur einer Familie“ – so der Untertitel der Dokumentation. Mit „Am Kölnberg“ hat ein weiterer Film des Festivals einen expliziten Bezug zur Domstadt. Die Kölnberg genannte Hochhaussiedlung in Meschenich geriet im Sommer in die Schlagzeilen, nachdem eine halb verweste Leiche aus dem 9. Stock geworfen wurde. Zwei Studenten der Kunsthochschule für Medien Köln (KHM) – Laurentia Genske und Robin Humboldt – haben zwei Jahre lang vier Bewohner des Kölnbergs begleitet und ihr Leben und ihre Hoffnung auf ein besseres Leben an einem anderen Ort dokumentiert. Ebenfalls im Kontext der KHM steht der Abschlussfilm des Festivals: „I Want to See the Manager“ von Hannes Lang ist ein episodischer Dokumentarfilm über die geopolitischen Umwälzungen im globalen Machtgefüge. Lang debütierte im letzten Jahr mit seinem minimalistischen Film „Peak“ über die Auswirkungen des Skitourismus.
„The Second Game“ist ein Filmexperiment: Vater und Sohn sehen sich ein historisches Fussballspiel im Fernsehen an. Der Sohn ist der Regisseur Corneliu Porumboiu, der Vater der Schiedsrichter auf dem Spielfeld: 1988 spielte Dinamo gegen Steaua – de facto die Mannschaften der Armee und des Geheimdienstes der rumänischen Diktatur. Im Gespräch zwischen Vater und Sohn entfaltet sich langsam ein plastisches Bild von Ceaușescus’ Staatsapparat. Einen Blick auf den Leistungssport in der ehemaligen UdSSR wagt „Red Army“ von Gabe Polsky. Der Regisseur zeigt, wie Eishockey in den 70er und 80er Jahren zum Instrument des Kalten Kriegs wurde. Mit Archivmaterial und aktuellen Interviews mit ehemaligen Leistungssportlern formt sich ein Bild eines Apparates, dessen Propaganda das Leben der Beteiligten komplett definierte. „Im Traum der roten Kammer“ klingt auch nach Kommunismus, hat aber mit der politischen Ideologie nichts zu tun: Piotr Gregorowicz porträtiert die Dortmunder Ballett Compagnie unter der Leitung von Xin Peng Wang, die den gleichnamigen Klassiker der chinesischen Literatur aus dem 18. Jahrhundert auf die Bühnen in Dortmund und Hong Kong bringt. Der Film begleitet die Vorbereitungen für die Aufführungen in den beiden Städten und zeigt wie Wang aus der Compagnie einen „atmenden Organismus“ formt.
Mehr als ein Dutzend Dokumentarfilme präsentiert das Festival. Einige sind als Preview zum regulären Kinostart zu sehen, andere präsentiert das Festival exklusiv im Kino. Dazu werden zahlreiche Filmemacher bei den Vorführungen anwesend sein und sich im Gespräch den Fragen des Publikums stellen.
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