„Machthaber stürzet Er vom Throne und Niedrige erhöhet Er. Hungrige überhäuft Er mit Gütern und Reiche lässt er leer ausgehen.“ Ein kleiner Textauszug aus Sergej Rachmaninows eindrucksvollem Werk „Das große Abend- und Morgenlob“ für gemischten Chor a cappella, das jetzt als Produktion für die aktuelle Ruhrtriennale in der Zeche Zollern aufgeführt wird – ein monumentales Glaubenswerk des vor 150 Jahren geborenen russischen Tonsetzers. Und gleichgültig, wer sich hinter dem „Er“ verbirgt, die frommen Wünsche überdauern alle Zeiten.
Rachmaninow, der Klaviervirtuose mit den unglaublich großen Händen und den in seinen gefürchteten Konzerten riesigen Intervallen, für deren Bewältigung anatomische Voraussetzungen als Gottesgeschenk obligatorisch sind, ist sicherlich nicht populär geworden durch seine liturgischen Zyklen. Eher schon in der Neuzeit durch den legendären Film „Shine – Der Weg ins Licht“ über den irren Werdegang des Klaviertalents David Helfgott und Rachmaninows 3. Klavierkonzert. In Amerika war es besonders sein Prélude, das als „Glocken von Moskau“ Berühmtheit erlangte; Rachmaninow war damals en vogue.
Jetzt dräut die schwierigste Disziplin im Chorleben, der a cappella-Gesang, im sakral anmutenden Jugendstil-Gebäude der Maschinenhalle der Zeche Zollern, einer Kathedrale der Industriekultur in Dortmund. Mit dem Chorwerk Ruhr und dem Dirigenten Florian Helgath verfügt das Ruhrgebiet über ein weit über die Grenzen wirksames Ensemble, das sich auch für die ungewöhnlichen Randerscheinungen der Vokalkunst mehrfach empfehlen konnte. Sie werden die „Wiederkehr des Lichts“ feiern, gemeint ist damit die Dämmerung des Tages, die sich an das Morgengebet anschließt. Die fünfzehn Motetten speisen sich textlich aus verschiedenen Quellen, so aus alten russischen Weisen aus der byzantinischen Ära, die nur in der alten Notenschrift Neumen überliefert sind. Andere verwenden griechische Weisen oder Melodien aus der Kiewer Liturgie. Einige bezeichnete der Komponist selbst als Fälschungen: Hier hat er die Atmosphäre der alten Gesänge nachempfunden.
Kurze Soli werden von den Choristen bewältigt, und ganz besonders beansprucht werden die Bässe im Chor: In Grabestiefe beginnt der auch als „Vesper“ bekannte Chor, ganz klassisch in Bergmanns-Deutsch „vom Dunkel zum Licht“.
Abendlob und Morgenglanz | 18., 19., 20.8. je 21 Uhr | LWL-Industriemuseum Zeche Zollern, Dortmund | 0231 696 11 11
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