Mittwoch, 1. Oktober: Am vergangenen Samstag fiel in Langerwehe bei Aachen die letzte Klappe zu Maren Ades („Der Wald vor lauter Bäumen“, „Alle anderen“) drittem Spielfilm „Toni Erdmann“. Die mit 56 Drehtagen sehr üppig ausgefallenen Dreharbeiten wurden zu einem Großteil im rumänischen Bukarest bestritten. Dorthin ist im Film Ines Conradi (Sandra Hüller aus „Über uns das All“) ausgewandert. Zu ihrem Vater Winfried Lau (Peter Simonischek, „Hierankl“) hat sie den Kontakt weitgehend abgebrochen. Da sich dieser grämt, seine Tochter könnte ihren Humor verloren haben, stattet er ihr in Bukarest einen Überraschungsbesuch ab und hält sie mit einer Tirade pausenloser Scherze auf Trab. Auch beim Setbesuch in Langerwehe-Heistern konnte man sich schnell ein Bild davon machen, dass Maren Ades neuer Film von einem skurrilen Humor durchzogen ist. Peter Simonischek empfing die Fotografen in gespenstisch-gruseliger Filmmaske und auf den Rollator gestützt. Produzentin Janine Jackowski von Komplizen-Film erläuterte dazu, dass Simonischeks Figur Winfried an diesem Tag an der Schule, an der er als Lehrer arbeitet, eine Verabschiedung feiere und deswegen so abenteuerlich geschminkt sei.
Jackowski und ihr Kollege Jonas Dornbach bilden zusammen mit Regisseurin Maren Ade die Filmproduktionsfirma „Komplizen Film“, die nicht nur die Regieprojekte Ades realisiert, sondern auch weitere engagierte Independent-Produktionen dreht, darunter zuletzt Benjamin Heisenbergs „Über-Ich und Du“ oder Ulrich Köhlers „Schlafkrankheit“. Jackowski, die mit Ade bereits gemeinsam die Filmhochschule in München besuchte, erläutert: „Wir kennen uns mittlerweile sehr gut und haben eine ganz ähnliche Vision, insofern ist das immer eine super Zusammenarbeit. Wir arbeiten immer an allen Projekten gleichzeitig, und es gibt immer einen, der die Hauptverantwortung hat.“ Bei „Toni Erdmann“ lag diese hinsichtlich der Produktion bei Janine Jackowski, die lediglich aufgrund ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft in den letzten Drehtagen von Jonas Dornbach etwas entlastet wurde. Die Dreharbeiten in Rumänien hat sie zuvor äußerst positiv erlebt, sogar als „beängstigend reibungslos“ empfunden. Für dieses gute Gelingen war sicherlich auch Ada Solomon (Produzentin des Goldenen-Bären-Gewinners „Mutter & Sohn“) mitverantwortlich, deren HiFilm in Bukarest als Serviceproduktion firmierte und die zahlreichen rumänischen Teammitglieder vermittelte.
Die Zusammenarbeit mit den Rumänen war so gut, dass sich die Produktion entschloss, etliche von ihnen mit nach Deutschland zu nehmen, wo in Aachen und Langerwehe die abschließenden zwei Drehwochen bewerkstelligt wurden. Zeuge davon ist auch das multilinguale Mülltrennsystem am Set, denn die Mülleimer sind nicht nur in Deutsch und Englisch, sondern auch in Kyrillisch beschriftet. Ganz schön aufregend für die Bewohner des beschaulichen Langerwehe im Kreis Düren, die bislang noch selten Filmkameras vor den gut gepflegten Einfamilienhäusern mit Hanglage erblickt haben dürften. Christina Bentlage von der Film- und Medienstiftung NRW hierzu: „Ich glaube, das ist wirklich die allererste Filmproduktion in Langerwehe, was uns sehr freut.“ Damit die Produktionskosten zum Teil auch in Nordrhein-Westfalen investiert werden, ist man beim größten Filmförderer Europas darum bemüht, Filmmotive in der Region zu finden. Maren Ade und ihr Team waren geradezu begeistert von den Möglichkeiten in Langerwehe-Heistern, wo sie das Haus für Winfried Laus Filmmutter (gespielt von Ingrid Burkhard) in Szene setzten. Nachdem Ade den Filmschnitt nun in aller Ruhe zu Ende bringen wird, ist noch ohne genauen Starttermin eine Kinoauswertung durch Pandora-Filmverleih im Kalenderjahr 2015 vorgesehen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
„Das Kino wird vermisst!“
Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW, über den Stillstand der Branche – Interview 05/20
Kino ist ihr Leben
Kinoprogrammpreisverleihung 2018 im Gloria – Foyer 11/18
„Diesen Typen spiele ich dir mit allem, was ich habe“
Alexander Scheer über „Gundermann“ – Roter Teppich 08/18
Bunter Abend für die Kinobetreiber
Kinoprogrammpreisverleihung 2017 in Köln – Foyer 11/17
Im Zeichen von Toni Erdmann
NRW-Empfang 2017 im Rahmen der Berlinale – Festival 02/17
Jubiläums-Empfang
NRW-Empfang 2016 im Rahmen der Berlinale – Festival 02/16
Neuer Blick auf Armutseinwanderer
„Maria“ von Michael Koch entsteht in Dortmund und Köln – Setbesuch 03/15
Der erste NRW-Shooting Star
NRW-Empfang 2015 im Rahmen der Berlinale – Festival 02/15
Die Geschichte eines deutschen Helden
Burghart Klaußner schlüpft in Köln in die Rolle des Fritz Bauer – Setbesuch 11/14
Poldi hätte die Hauptrolle spielen können
Im Rheinenergiestadion entstanden Szenen für „Macho Man“ – Setbesuch 11/14
Das Kinofest Lünen wird 25
Zum Jubiläum reisen Kinobesucher vom 13. bis 16. November durch Skandinavien, Mexiko und den Pott - Festival 11/14
Eine ziemlich ernsthafte Komödie
„Die Kleinen und die Bösen“ – Setbesuch 07/14
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24