Die Geschichte des Kölner Stadtgartens als erste professionell betriebene Konzertstätte der JazzHaus Initiative für Musiker von Musikern lässt Musikhistoriker ins Schwärmen geraten. In der Gründungszeit nun vor drei Jahrzehnten existierte an wesentlichen Jazzbühnen eigentlich nur das Subway als Club, der tourende US-Stars an den Festival-schwachen Wochentagen auf ihren Reisen abfing – ein Paradies für Jazzohren, die auf Swing und Bebop hörten. Die jungen Kölner Musiker, zahlreich am Rhein versammelt durch einen Studiengang Jazz an der Kölner Musikhochschule, besaßen kaum Auftrittsmöglichkeiten. Robert von Zahns Buch „Jazz in Köln“ erarbeitet akribisch auch dieses wilde Jahrzehnt vor der Grundsteinlegung des Stadtgartens, dessen Konzept Modellcharakter für weitere europäische Initiativen hätte besitzen können – Lyon, Amsterdam und Genf wiesen ähnliche Tendenzen auf.
Ein Foto-Band zum 10-jährigen Bestehen des Konzertsaals dokumentiert „ein Jahrzehnt Aktueller Musik mit einigen der wichtigsten Musikerinnen und Musiker unserer Zeit“, wie Reiner Michalke, künstlerischer Leiter bis heute, damals anmerkte. Es handelte sich um Highlights der lokalen Szene wie die zahlreichen Konzerte der Kölner Saxophon Mafia, die im Eröffnungskonzert 1986 auftraten und denen der damalige WDR-Jazzredakteur Manfred Niehaus einen „Kölner Stil“ attestierte. Freejazz-Legende Ornette Coleman gastierte hier, Gil Evans, Wayne Shorter, experimentelles Musiktheater mit dem Guru Sun Ra, bereits 1988 der junge Django Bates, der zum runden Festivalgeburtstag 2016 extra in Köln vorbeischaut. Cecil Taylor, Anthony Braxton, Joe Zawinul, Gary Thomas, Aki Takase und Carla Bley, aber auch Spaßmacher wie Helge Schneider, Frank Köllges oder Maceo Parker. Unvergessen bleiben die Abende mit der großen Betty Carter, dem unvergleichlichen Dave Holland oder den Brecker-Brothers. Die „Folklore imaginaire“ aus Frankreich hielt Einzug, die Knitting Factory schickte ihre avantgardistischen Boten, die nordische Szene wurde akzentuiert. Michalke, der seit Jahren auch das Moers Festival künstlerisch leitet, war immer am Ball. Zehn Tage dauerte das Eröffnungsfestival 86, jetzt werden es noch immerhin vier.
Die Konzertplanung im Stadtgarten wird heute von eingesetzten Kurator(inn)en betreut, die eigene und stilistisch orientierte Reihen zusammenstellen. Gagen fließen in bescheidenen Dimensionen, meist spielen die Künstler „auf die Tür“, sprich auf die oder auf einen Teil der Abendkasse. Stars aus den Staaten buchen heute lieber das Alte Pfandhaus, die Avantgarde bevorzugt das Loft in Ehrenfeld, ein Bild des aktuellen Jazz in seinen Spielformen von Geheimtipp bis Giant-Konzert findet nicht statt. So feiern die Macher rund um den Saal die Geschichte ihrer Bewegung – was ja auch sehr schön ist, weil sie darauf stolz sein dürfen. Ansonsten verwaltet die Initiative sich selbst. Gegenwart und daraus zu schließende Zukunft dämpfen die Lust am Feiern.
30 Jahre Stadtgarten | 1.-4.9. | www.stadtgarten.de
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