Caramel
Frankreich 2007, Laufzeit: 95 Min., FSK 0
Regie: Nadine Labaki
Darsteller: Nadine Labaki, Joanna Mkarzel, Yasmine Elmasri, Gisele Aouad, Adel Karam, Sihame Haddad, Aziza Semaan, Dimitri Stancofski, Fatme Safa, Fadia Stella, Ismaïl Antar
Beirut: Fünf Frauen verbringen ihren Arbeitsalltag im Schönheitssalon. Dort kompensieren sie ihre Wünsche, Sorgen und Träume.
In ihrem Kinodebüt „Caramel“ erzählt die libanesische Regisseurin Nadine Labaki von fünf Frauen in Beirut, die allesamt in einem Friseur- und Schönheitssalon arbeiten. Chefin Layale (gespielt von Labaki selbst) hat ein Verhältnis mit einem verheirateten Mann, dem sie so ziemlich alles opfert, der sich aber nicht von seiner Frau lösen will. Die steht eines Tages im Salon und möchte sich von der ihr unbekannten Nebenbuhlerin epilieren lassen. Ihre burschikose Kollegin Rima verguckt sich derweil in eine hübsche Kundin, die junge Nisrine will bald heiraten, ist jedoch keine Jungfrau mehr, und Jamale hat Angst vorm Altern und nutzt verbissen die Möglichkeiten, die die Medien heutzutage in Sachen Partnervermittlung so bieten. Und nebenan wohnt noch die ältere Schneiderin Rose, die von Charles, einem Herrn alter Schule, Aufwartungen erhält, die aber immer wieder von Roses kranker Schwester Lili vereitelt werden.
Zuerst tappst Nadine Labaki scheinbar in typische Debütfallen: Figuren und Konstellationen gestalten sich zu Beginn plakativ und überzeichnet, der Humor gibt sich vorsichtig angepasst. Die Konversationen der Frauen im Salon sind erwartungsgemäß laut und turbulent, die debil quasselnde Lili reiht sich entsprechend ein. Sie ist der Regisseurin wohl ans Herz gewachsen und dabei etwas zu omnipräsent. Irgendwann aber verliert der Film denkbar an Fahrt und findet zu Kammermusik im Tangorhythmus auch zunehmend ruhige Oasen, in denen sich die einzelnen Seelen von anfänglichen Schwarzweiß-Zeichnungen entfernen und es der Regisseurin gelingt, besonnen mehr und mehr das Leben zu treffen, in dem ihre Frauengemeinschaft lacht, weint und zusammenhält. Labakis Debüt wandelt sich zur Tragikomödie und findet so schließlich das angemessene, lebensnähere Format: Mit Nisrine und ihrem Verlobten, der sie seiner konservativen Familie nur zugeknöpft präsentiert, um anschließend frustriert gegen die uniformierte Obrigkeit zu rebellieren, mit der Verantwortung von Rose für ihre verwirrte Schwester und der unglücklichen Liebe Layales erzählt Labaki von ihrer konfessionell vielfältigen Stadt Beirut im Speziellen ebenso wie von globalem Herzschmerz, den sie nun angenehm ruhig ausklingen lässt. Und eben das ist wiederum eine große Leistung für ein Debüt.
(Hartmut Ernst)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Emilia Pérez
Start: 28.11.2024
The Outrun
Start: 5.12.2024
Here
Start: 12.12.2024
All We Imagine As Light
Start: 19.12.2024
Freud – Jenseits des Glaubens
Start: 19.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025