Dein Weg
USA, E 2010, Laufzeit: 123 Min., FSK 0
Regie: Emilio Estevez
Darsteller: Martin Sheen, Deborah Kara Unger, James Nesbitt, Yorick van Wageningen, Tchéky Karyo
>> www.deinweg-film.de
Zu Herzen gehender Selbstfindungstrip
Wir sind dann mal weg
„Dein Weg“ von Emilio Estévez
Spätestens nach Hape Kerkelings Bestseller über seine Pilgerreise nach Santiago de Compostela ist die gut 800 Kilometer lange Route, beginnend von den Pyrenäen bis zum angeblichen Grab des Apostels Jakobus in Galizien, wieder recht populär geworden.
In Emilio Estévez‘ neuem Film ist es zunächst eine unfreiwillige und schmerzhafte Reise für den affektflachen, grantigen Tom Avery (Martin Sheen), einen verwitweten Augenarzt aus Kalifornien. Beim Golfen erreicht ihn telefonisch die Nachricht vom Tod seines rebellischen Sohnes, der kurz zuvor angekündigt hatte, seine universitäre Karriere zu beenden und stattdessen die Welt sehen zu wollen. Man trennt sich im Streit, und nun muss sich der verbitterte Tom auf den Weg nach Südfrankreich machen, denn Daniel ist auf der ersten Strecke des Jakobswegs in den nebligen Bergen verunglückt. Hilflos nimmt er den Leichnam dort zusammen mit der verbliebenen Wanderausrüstung in Empfang und trifft schließlich eine folgenreiche Entscheidung: Er will den Weg seines Sohnes quasi in dessen Schuhen zu Ende gehen. Doch eine Pilgerreise ist keine Kaffeefahrt – lange Märsche, überfüllte Schlafsäle und anstrengende Weggefährten strapazieren die Nerven des verstockten Amerikaners, der sich in den Kopf gesetzt hat, die Asche seines Sohnes auf dem Weg zu verstreuen. Trotz aller hartnäckigen Versuche, sich von seinen Mitmenschen zu isolieren, wird Tom mit einer Fülle an chaotischen und extrovertierten Charakteren konfrontiert, denen er sich nicht entziehen kann.
Ähnlich „Bobby“, seinem gelungenen Stimmungsbild der 68er am Abend vor dem Attentat auf Robert F. Kennedy, nimmt sich Estévez viel Zeit für die fragmentarische Entfaltung seiner Charaktere. Besonders gelungen ist ihm dabei die Verknüpfung von tragischen und humorvollen Momenten – die Schwere des Haupterzählstrangs um den verstorbenen Sohn wird durch jede Menge sympathische Weggefährten aufgelockert, von denen natürlich auch jeder mit seiner eigenen Last zu kämpfen hat. So kommt es in der wunderbaren Kulisse des rauen Nordspaniens zu einer Gemeinschaft wider Willen, die schließlich ermöglicht, was sich insgeheim jeder von solch einer Reise erhofft: Selbstfindung, Akzeptanz und Vergebung. Dass Hauptdarsteller Martin Sheen („Apocalypse Now“) auch im wahren Leben der Vater des Regisseurs und Filmsohnes Emilio Estévez ist, lässt ein wenig schmunzeln. Viel hatte man gehört über die komplizierte Beziehung zwischen Estévez, seinem Bruder Charlie Sheen und dem charismatischen Vater, der ebenfalls einige Skandale hinter sich hat. Die gemeinsame Rückkehr zu den eigenen spanischen Wurzeln (Sheens bürgerlicher Name ist Ramón Estévez) könnte auch für die Filmschaffenden eine bereichernde Erfahrung gewesen sein. Für die Zuschauer ist sie das auf jeden Fall.
(Silvia Bahl)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Emilia Pérez
Start: 28.11.2024
The Outrun
Start: 5.12.2024
Here
Start: 12.12.2024
All We Imagine As Light
Start: 19.12.2024
Freud – Jenseits des Glaubens
Start: 19.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025