Der Passfälscher
Deutschland, Luxemburg 2021, Laufzeit: 117 Min., FSK 6
Regie: Maggie Peren
Darsteller: Louis Hofmann, Jonathan Berlin, Luna Wedler
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Biografisches Drama über Cioma Schönhaus
Es ist Krieg!
„Der Passfälscher“ von Maggie Peren
Samson „Cioma“ Schönhaus wird 1922 als Sohn jüdischer Eltern in Berlin geboren. 1937 werden seine Eltern und die Großmutter deportiert – die Zwangsarbeit in der Rüstungsindustrie bewahrt Cioma noch vor dem gleichen Schicksal. Der zeichnerisch talentierte Freigeist beginnt, Pässe für im Untergrund lebende Juden zu fälschen. Und er lernt, sich inmitten der wachsenden Verhaftungswelle in Berlin durchzumogeln. Cioma Schönhaus wäre dieses Jahr hundert geworden.
Bereits das episodische Dokudrama „Die Unsichtbaren – Wir wollen leben“ erzählte 2017 von vier Juden, die im Nazi-Berlin überlebten – indem sie nicht untertauchten. Einer von ihnen: Schönhaus. Regisseurin Maggie Peren widmet sich nun vollends diesem Überlebenden und stützt sich dabei auf seine Autobiografie. Ihr Ansatz: unorthodox! Denn Perens Cioma (Louis Hofman) sprüht vor Zuversicht und schelmt sich mit gefälschtem Papier und falscher Maskerade durch den braunen Sumpf der Reichshauptstadt. Mit handwerklichem Geschick, Schalk und forschem Improvisationsvermögen. Und einem nimmermüden Lächeln. Das mag irritieren, entspricht es doch so gar nicht unserem (nicht zuletzt vom Kino geprägten) Bild des Opfers. Ein interessanter bis irritierender Ansatz, bei dem Peren über zu weite Strecken leider versäumt, uns ihren Protagonisten emotional nahezubringen. Man will dem ewigen Strahlemann immerzu entgegenschreien: „Deine Eltern wurden abgeholt! Es ist Krieg!“ Peren aber gönnt uns zu lange keine Gefühlsregung ihres Protagonisten, nicht einmal einen Albtraum.
Der Hinweis: „Es ist Krieg!“, fällt tatsächlich an anderer Stelle, gerichtet an eine bürgerliche Frau im Café, die nach einem Schokotörtchen fragt. „Es ist Krieg“, antwortet die Bedienung, und sie muss sich wiederholen, weil sich die Frau uneinsichtig zeigt. Viele werden sich wundern über diesen Cioma. Kaum jemand über die Frau mit dem Schokotörtchen (deren Gestus sich nebenbei wunderbar in unsere deutsche Gegenwart transferieren lässt). Dass ein Volk voller Täter und Mitläufer irrational handelt, dass es in hohem Maße Geschehen und Geschehenes verdrängt: geschenkt. Aber doch nicht das Opfer!
Peren sucht genau diesen Ansatz. Die Charaktertiefe, die sie dabei vernachlässigt, findet sich währenddessen in eine ganz anderen Figur: in Frau Peters (Nina Gummich), Ciomas Vermieterin. Hier wird aufs Feinste eine Mitläuferin seziert. Eine Mitläuferin, die sich von Cioma alles, was sie ihm aus dem Hausstand abluchst, quittieren lässt, damit der heute entrechtete Jude nicht morgen ankommt und etwas zurückverlangt. Jede Szene mit ihr entlarvt eine grausam korrekte Auffassung von egoistischer, antisemitisch fundierter „Richtigkeit“, während sie sich im gleichen Atemzug solidarisiert: „Ich will Ihnen aber nichts Schlechtes!“ Das ist großes Kino. Und die stärkste Szene des Films ist die, in der Cioma ihren eisigen Panzer aufbricht. Und Cioma? Auch der bricht irgendwann auf – und auch hier ist man dankbar dafür. Ein streitbares, ein auch deshalb gelungenes Drama. Über den Nationalsozialismus. Den Faschismus. Über Täter. Über Opfer.
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