Ein Sommer in New York - The Visitor
USA 2007, Laufzeit: 108 Min., FSK 0
Regie: Thomas McCarthy
Darsteller: Richard Jenkins, Hiam Abbass, Haaz Sleiman, Danai Gurira, Marian Seldes, Maggie Moore, Bill McHenry
Walter Vale ist ein verhärmter Universitätsprofessor. Als ihn ein Job nach New York bringt, wird er mit dem Leben konfrontiert. Vor fünf Jahren ist seine Frau, eine bekannte Pianistin, gestorben, jetzt wohnt er alleine in dem großen, aufgeräumten Haus in einem Vorort in Connecticut. Walter Vale gehört zu jenen Menschen, die mit mäßiger Freude ihren immer gleichen Alltag fristen. Nur die Klavierstunden könnten Abwechslung bringen. Doch der Versuch, mittels Klavierunterricht das Erbe seiner Frau wach zu halten, ist zum Scheitern verurteilt. Wie alles in seinem Leben ist der Wunsch, Klavier zu spielen, eine reine Kopfgeburt. Nur merkt er das nicht und gibt der Klavierlehrerin die Schuld für sein Versagen. Sie ist nicht die erste Lehrerin, die er verschleißt. Eines Tages führt ihn ein Kongress nach New York und in jene Stadtwohnung, die er wahrscheinlich seit dem Tod seiner Frau nicht mehr betreten hat. Zu seiner Überraschung wird der alternde Witwer von einem afrikanischen Paar - Tarek und Zainab - empfangen, dem die Wohnung ohne sein Wissen untervermietet wurde. Heftig prallen die Fremden aufeinander, aber als Walter merkt, dass die beiden illegalen Einwanderer nicht wissen, wohin sie gehen sollen, lässt er sie bei sich wohnen. Zumindest so lange, bis sie eine andere Bleibe gefunden haben. Langsam entwickelt sich eine zarte Freundschaft zwischen den ungleichen Menschen. Während Zainab Walter gegenüber reserviert bleibt, übt Tarek mit seiner freundlichen Offenheit und vor allem mit seinem Trommelspiel eine Faszination auf Walter aus. Zainab beäugt skeptisch, wie sich die beiden trommelnd annähern. Nach einer ihrer Sessions im Central Park wird Tarek verhaftet und kommt in Abschiebehaft. Kurz darauf taucht Tareks Mutter auf (Hiam Abass, inzwischen per Abo besetzt für nordafrikanische und arabische Frauenrollen mittleren Alters). Sie hatte versäumt, sich um Tareks Aufenthaltsgenehmigung zu kümmern. Auch zwischen Tareks Mutter und Walter entsteht eine Freundschaft, und Walter interessiert sich das erste Mal seit Jahren für das Leben der anderen. Konservativ und schlicht wie sein Protagonist kommt der nach "The Station Agent" zweite Film des Schauspielers Tom McCarthy daher. Im Verlauf der Entwicklungen wird die Inszenierung etwas luftiger, ohne aber plakativ abzuheben. Es sind die feinen Nuancen und die Ruhe, die den Film und seine Figuren so genau und glaubwürdig machen. Leicht hätte man den Wandel Walters dramatisieren, stilisieren oder sonst wie überzeichnen können. Alleine die Trommelszenen, in denen der steife Walter locker wird, hätten unter einer anderen Regie peinlich und pathetisch werden können. Aber McCarthy hält die Zügel knapp, und Richard Jenkins, der mit seiner Rolle für den Oscar nominiert war, bleibt trotz allen Wandels in seiner subtil gespielten Figur. Umso eindringlicher sind die kleinen Entwicklungen und Veränderungen des Protagonisten zu spüren. Und umso glaubwürdiger und ernsthafter behandelt der Film auch sein politisches Thema.
(Christian Meyer)
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