Import/Export (Ulrich Seidl)
Österreich 2006, Laufzeit: 135 Min., FSK 16
Regie: Ulrich Seidl
Darsteller: Ekaterina Rak, Paul Hofmann, Brigitte Kren, Herbert Fritsch, Maria Hofstätter, Natalia Baranova
Eine Krankenschwester aus der Ukraine sucht in Wien ihr Glück als Putzfrau; ein arbeitsloser Wiener reist nach Osteuropa auf der Suche nach einträglicher Arbeit. Sein brutaler Doku-Spielfilmmix ist schon sehr faszinierend. Dieses Wackeln zwischen Inszenierung und dokumentarischem Protokoll ist ein spannendes Moment im Werk des österreichischen Regisseurs Ulrich Seidl. Bereits in seinem frühen Kurzfilm "Der Ball" von 1982 konnte man dieses ambivalente Element entdecken, in "Models" wächst es sich dann erstmals zur kaum erträglichen Peinlichkeit aus. Auch in "Hundstage", einem ganz klar als Spielfilm kategorisierten Film, wird man dieses Gefühl, dokumentarische Dokumente zu sichten, nicht los. Und in seinem letzten Film "Jesus, Du weißt" sitzt man vor einem vermeintlichen Dokumentarfilm, der aber ohne massive inszenatorische Eingriffe so nicht hätte entstehen können. Aber bei Seidl weiß man eh weniger als irgendwo anders, ob da Menschen oder Figuren in die Kamera sprechen. Viel dieser Faszination steckt auch in "Import/Export", wenngleich Ulrich Seidl dieses Mal eindeutig einen Spielfilm gemacht hat. Doch wenn man das nicht wüsste, könnten auch hier viele Szenen als dokumentarisch durchgehen. Die realistische Härte, die wir vom Regisseur kennen, gibt uns Seidl auch dieses Mal bis zum Abwinken und darüber hinaus. Und auch dieses Mal hinterlässt sein Film ein ungutes Gefühl. Szenen von Erniedrigung jeglicher Art zeigt Seidl in kaum enden wollenden Einstellungen. Diese erbarmungslose, unnachgiebige Kamera, die einfach immer weiter das ganze Elend dieser Welt unprätentiös, scheinbar dokumentarisch zeigt, bis man nur noch "Aufhören!!" schreien will, ist Seidls Methode, die Menschen wirklich ins Bild zu rücken. Nur - Achtung: Kritik auf höchstem Niveau - manchmal weiß man nicht mehr genau, ob diese Penetranz nicht auf Seidl zurückfällt. Denn irgendwie bleibt er immer zu lange dran am Elend und der Scheiße, hält zu lange drauf. Wer kritisiert hier noch was und wer beutet wen aus? könnte man sich auch fragen. Seidl steckt auf jeden Fall mitten drin. Aber das Risiko muss er wohl eingehen, wenn seine Arbeit Relevanz und Wirkung haben soll. Seinen Stil hat er mit "Import/Export" auf jeden Fall zur Vollendung geführt.
(Christian Meyer)
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