Inside Llewyn Davis
USA 2013, Laufzeit: 104 Min., FSK 6
Regie: Ethan Coen, Joel Coen
Darsteller: Oscar Isaac, Carey Mulligan, Justin Timberlake, John Goodman, Ethan Phillips, F. Murray Abraham
>> insidellewyndavis.de/
Irrungen und Wirrungen eines Folkmusikers
Backstage
„Inside Llewyn Davis“ von Ethan & Joel Coen
Mit Gitarrenkoffer unter dem Arm streunt Llewyn Davis durch das winterliche New York der 60er Jahre. Eine feste Bleibe hat der Musiker nicht, ein geregeltes Auskommen auch nicht. Davis bewegt sich in jener New Yorker Bohème, die ihre linken Ideale mit Rootsmusik vertreten will. Das große Vorbild jener Zeit ist sicherlich Woodie Guthrie, der in den 40er Jahren mit seiner Gitarre mit dem Aufkleber „This Machine kills Fascists“ durch das Land zog und soziale Ungerechtigkeit anprangerte. Anfang der 60er Jahre war das Folkrevival in voller Blüte. Viele junge Musiker wollten das Erbe von Guthrie („This Land is your Land“) oder Pete Seeger („Where have all the Flowers gone“), der gerade das Newport Folk Festival als jährlichen Szenetreff mit gegründet hatte, antreten, darunter Phil Ochs, Bob Dylan, Peter, Paul & Mary und Joan Baez. Llewyn Davis gehört in dieser Geschichte nicht dazu, denn ihn gab es nie.
Aber Llewyn Davis gehört in jener Geschichte zu diesen jungen Musikern, die die Coen-Brüder in ihrem neuen Film erzählen. Sie bauen ihre Hommage an das Folk-Revival der frühen 60er Jahre um die fiktive Figur des Llewyn Davis und setzen damit zugleich all jenen ein Denkmal, die in der Zeit zu Beginn der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung den beschwerlichen Weg des politischen Musikers auf sich nahmen, aber nie berühmt wurden. Entsprechend unglamourös ist der Film, der Davis' letzte Versuche begleitet, im Musikgeschäft Fuß zu fassen. Es ist nicht nur ein kalter Winter, durch den sich Davis von Schlafgelegenheit zu Schlafgelegenheit und von Job zu Job schlägt, es sind auch soziale und menschliche Kälte, die die Szenerie prägen. Klischees von Händchen haltenden Hippies, die „We shall overcome“ singen, sind in der Zukunft zu suchen. Die Folkszene der frühen 60er Jahre skizzieren die Coens eher als sehr ernst, dogmatisch und auf ihre ganz eigene, bohemistische Art spießig. Bob Dylan durfte diese Borniertheit 1965 erfahren, als er beim Newport Festival vom Publikum als Judas beschimpft wurde, weil er nicht akustisch spielte, sondern erstmals eine E-Gitarre einstöpselte.
Die Skurrilitäten der Coen-Brüder halten sich bei ihrem neuen Film in Grenzen. Zumindest bleibt der betont trist fotografierte Film auf der Ebene des Realismus, surreale Elemente bleiben aus. Was nicht bedeutet, dass die Coens keinen Spaß daran hätten, schräge Charaktere aufzufahren und lakonische Situationskomik einzubauen. Angenehm reduziert inszeniert, verliert sich der Film nicht in absurden Szenarien, sondern blickt konsequent auf die Erfolglosigkeit des Singer / Songwriters Llewyn Davis. Mit viel Charme, Empathie und ein wenig Spott für die Folk-Spießer wissen die Coens mit der ein oder anderen schrägen Nebenhandlung Zeitkolorit zu entfalten und dabei gut zu unterhalten.
(Christian Meyer)
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