Jane Got a Gun
USA 2015, Laufzeit: 98 Min., FSK 12
Regie: Gavin O'Connor
Darsteller: Natalie Portman, Joel Edgerton, Ewan McGregor, Noah Emmerich, Rodrigo Santoro, Boyd Holbrook
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Westerndrama
Leg dich nicht mit Mutti an
„Jane Got A Gun“ von Gavin O‘Connor
Der Titel ist Programm. Genug der männlichen Dominanz im Wilden Westen! Ja, es gab bereits zahlreiche starke Frauen dort. Selbst im König aller Western, „Spiel mir das Lied vom Tod“, war Claudia Cardinale als Witwe nicht bloß Opfer, sondern trat erstarkt heraus aus ihrem bitteren Schicksal. Sie selbst zückt nicht den Colt, steckt aber die Demütigungen der bösen Männer mit versteinerter Mine weg. Opfer ohne Opferallüren! Den Griff zur Waffe wagen später andere Damen, bevorzugt in fröhlichen Westernvarianten wie „Viva Maria!“, oder wenn sich „Bad Girls“ oder „Bandidas“ als bewaffnete Pin-ups durch die Gegend schießen. Irgendwann aber wurde der Mainstream-Western ernster und tragisch. Poetisch. Weg vom Abenteuer, hin zum Drama. „Dead Man“, „Die Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford“ oder erst jüngst „Slow West“ sprechen eine andere Sprache als dereinst John Wayne in den USA oder in Europa der Italowestern. Weiterhin aber spielten Frauen nur die zweite Geige. Inzwischen jedoch sind sie endlich auch Handlungsträgerinnen. In „The Missing“ oder „The Homesman“, auch wenn sich die Protagonistinnen dabei gleichermaßen Tommy Lee Jones als kampferfahrenen Wegbegleiter engagieren. Aber: Sie sitzen mit im Sattel. Anders als in „Erbarmungslos“, wo die weiblichen Opfer noch böse gute Männer dafür bezahlen, damit diese gute böse Männer richten.
Auch Jane (Natalie Portman) engagiert einen männlichen Kampfgefährten. Doch vorher lädt die Mutter die Waffen schon einmal selbst durch. Nachdem eine Banditenbande unter der Führung des schnauzbärtigen Bishop (Ewan McGregor) ihren Mann halbtot geschossen hat, versteckt sie den Verletzten auf ihrer Farm, bringt die kleine Tochter in Sicherheit und bittet den Säufer und Eigenbrötler Dan (Joel Edgerton) um Unterstützung. Er ist der letzte Mensch, dem sie vertraut. Die beiden waren schließlich mal ein Paar. Und genau deshalb willigt Dan nicht ein. Weil sie kein Paar mehr sind. Natürlich hilft er ihr am Ende doch. Gemeinsam verschanzen sie sich im Farmhaus, verlegen Sprengstoff und sind gewappnet für die Mörderbande, die sich unweigerlich dem Grund und Boden der schicksalsgeprüften Mutter nährt.
Regisseur Gavin O‘Connor setzt auf klassischen (Italo-)Western: Seine Bilder zitieren das Genre, ohne es neu zu erfinden. Mit Poesie hat er wenig am Hut, wohl aber mit Romantik. Während das Paar den Mördern harrt, blickt O‘Connor wiederholt zurück in die Vergangenheit, wo sich Jane und Dan verlieben, getrennt werden, sich nicht wiederfinden. Und wo Jane erstmals Bishop begegnet, der ihr und ihrem Nachwuchs Furchtbares antut. Natalie Portman hat dieses Westerndrama coproduziert und verleiht ihrer Figur sowohl Macherin-Allüre als auch die emotionale Fallhöhe einer traumatisierten Mutter. Das ufert auch mal aus in archaische Gefühlsexplosionen. Zugleich mimt sie überzeugend den weiblichen Shootist, der die Coolness und Sexyness der oben erwähnten Damen nicht benötigt und stattdessen ungeschminkt und unverblümt den Abzug drückt. Solide Westernkost mit einer starken Heldin.
(Hartmut Ernst)
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