Lampedusa
Italien/Frankreich 2002, Laufzeit: 90 Min., FSK 6
Regie: Emanuele Crialese
Darsteller: Valeria Golino, Vincenzo Amato, Francesco Casisa, Veronica D'Agostino,Filippo Pucillo, Muzzi Loffredo, Elio Germano, Avy Marciano
Immer wieder schaut die Kamera in diesem Film auf Details, die ganz unmittelbar ins Auge springen, die man zu riechen, zu schmecken oder auf der Haut zu spüren meint. Zum Beispiel Füße in leichten Sandalen, die über felsigen Grund einen Weg suchen. Oder die Meereswellen, die den Körper umfangen. Man ängstigt sich, dass der Fuß sich verletzen, dass das Wasser den Menschen verschlingen könnte.Es ist heiß auf Lampedusa, der italienischen Insel zwischen Sizilien und Afrika. Die Einwohner leben ärmlich. In der Enge des Insellebens kann jeder Fehltritt zum Ausgestoßensein führen, ähnlich einem Sturz von den hohen Klippen, die die Landschaft dieser wilden, sonnengebleichten Insel beherrschen.Grazia lebt mit ihrem Mann, dem Fischer Pietro, den beiden Söhnen Pasquale, der schon beim Flanieren auf der Hauptstraße den Mädchen nachstellt, und Filippo, dem Jüngeren, der aber schon ein rechter Macho ist, sowie der heranwachsenden Tochter Valeria ein bescheidenes, unerfülltes Leben. Ihre Liebe zu den Kindern ist groß, aber ihre Eskapaden und Gefühlsausbrüche belasten das Familienleben und sind den Nachbarn ein Dorn im Auge.Ganz direkt springt uns die Leidenschaftlichkeit dieser Frau an, die von Valeria Golino ("Four Rooms", "Frida") hervorragend gespielt wird, ihre direkte, unverfälschte Sinnlichkeit, die wie in einem Netz gefangen ist. Eine schöne Szene zeigt einmal, wie sie sich in einem Fischernetz verheddert, und ihr schönes Gesicht vom Netzmuster entstellt wird. Mit solchen unprätentiösen, geradlinigen, fast mit den Händen greifbaren Bildern arbeitet der 38-jährige Emanuele Crialese ("Once we were Strangers") in diesem von südlicher Expressivität geprägten naturalistischen Märchen. Ein Film, der, wie der Regisseur selber sagte, "eher physisch wirkt als intellektuell". Er wollte "eine trockene, staubige Insel zeigen, verwüstet von den Hinterlassenschaften illegaler Bautätigkeit", auf der sich die Menschen langsam "wie in einem Aquarium" bewegen. Bestechend auch die Farbdramaturgie: es dominieren das Blau, Gelb und Rot der Fischerboote, ausgebleicht von der afrikanischen Sonne.Vor allem aber ist es eine wunderschöne Liebesgeschichte: zwischen Grazia und ihrem Sohn Pasquale, der sie rettet, als man sie als geistig Verwirrte von der Insel wegschicken will. Das Meer selbst, "der einzige und unzähmbare Herr und Meister", wie Crialese es formuliert, wird am Schluss zum Medium der Versöhnung, so als ob die Elemente der Natur und der Seele sich wieder vereinen.
(Heinz Holzapfel)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Emilia Pérez
Start: 28.11.2024
The Outrun
Start: 5.12.2024
Here
Start: 12.12.2024
All We Imagine As Light
Start: 19.12.2024
Freud – Jenseits des Glaubens
Start: 19.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025