Oscar Wilde
England 1997, Laufzeit: 115 Min., FSK 12
Regie: Brian Gilbert
Darsteller: Stephen Fry, Jude Law, Vanessa Redgrave, Jennifer Ehle, Gemma Jones, Judy Parfitt
Dandy in the Underworld
Kinokeule (541), 16.10.2007
Stephen Fry, vielleicht in der Rolle seines Lebens. Mit warmer Seele präsentiert er einen Oscar Wilde, der Opfer der herrschenden britischen Upperclass wird, der er zeitlebens den Spiegel vorhielt, obwohl er auch Teil von ihr war.
Frys Spiel sollte man nicht mit Stoizismus verwechseln. Es spiegelt vielmehr eine Haltung wider, die aus einem Optimismus und liebevoller Zugewandtheit gegenüber der Welt geprägt ist. Erinnert soll nur an das Verhältnis zu seinen Kindern werden. Entspanntheit darf allerdings hier nicht mit Gleichgültigkeit verwechselt werden.
Vielleicht sickert hier auch viel eigenes Empfinden von Fry in die Rolle ein, denn seine besten Auftritte hatte er eben in diesem Ambiente (erinnert sei an Peters Friends und Gosford Park)
Zunächst amüsieren sich die Oberen über die frivolen und bissigen Stücke von Oscar Wilde.
Als er zu weit geht, wird er gnadenlos von den bigotten Victorianern zerstört. Sie treffen ihn dort, wo die gesellschaftliche Satire hinzielt: bei der Moral und beweisen dadurch noch einmal ihre alte Stärke.
Dabei wollte Oscar doch nur seine scharfzüngigen Texte verbreiten und der Welt seine Liebe schenken.
(4 Sterne)
Voll ins Schwarze getroffen.
Sara (4), 28.10.2004
Ich habe mir aufgrund des Films das letzte Werk Wildes´ "De profundis" gekauft und es verschlungen. Für Außenstehende wirkt sein Handeln vielleicht nicht immer nachvollziehbar, der Film hat sich aber sehr nah an das o.g. Buch gehalten.
Knapp daneben
Colonia (683), 27.04.2003
Der Reihe nach: Die Filmhandlung beginnt, als der Ire Oscar Wilde bereits Liebling der Londoner Gesellschaft ist. Mit "Das Bildnis des Dorian Gray" hat er einen großen Erfolg. Er heiratet Constanze Lloyd und wird Vater zweier Kinder. Irgendwann entdeckt er seine Homosexualität, aber alles scheint relativ unproblematisch, bis er auf Lord Alfred Douglas trifft. Die Liebe zu ihm bringt Wilde schließlich ins Gefängnis und die Society auf Distanz. Der große Dichter stirbt 1900 verarmt in Paris.
Stephen Fry ist im wahren Leben ähnlich wortgewandt wie seinerzeit der gute Oscar und hat schon einige sehr nette Bücher verfasst. Er könnte eine Idealbesetzung sein. Aber irgendwie wirkt er hier so betulich und stoisch, dass ich ihm respektive dem Film-Oscar zeitweise gerne mal einen Tritt verpassen möchte. Das kann doch nicht sein, dass alle Warnungen, alle aufziehenden Unwetter und Bedrohungen so am leicht übergewichtigen Körper Wildes abprallen! So naiv kann er doch nicht gewesen sein. Aber Frys Gesichtsausdruck zeigt niemals Zweifel oder Angst.
Und Constanze, Wildes Ehefrau? Die wichtige Figur bleibt im Film völlig zu Unrecht im Hintergrund, dabei war es die Heirat mit Constanze Lloyd, die Wilde finanziell so unabhängig machte, dass er sich ganz der Schriftstellerei widmen konnte. Auch war er als Verfechter emanzipatorischer Thesen bekannt, was im Film gar nicht zur Sprache kommt. Der konzentriert sich fast ausschließlich auf die zerstörerische Liebe zum jungen Adeligen, ganz als Snob gespielt von Jude Law.
Zu keinem Zeitpunkt bezieht der Film für oder gegen irgend etwas Stellung, die Personen handeln unmotiviert und oft nicht nachvollziehbar. Der Film plätschert einfach nur so dahin und Frys/Wildes Stoizismus lässt bestenfalls Ungeduld aufkommen.
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