Parthenope
Frankreich, Italien 2024, Laufzeit: 137 Min., FSK 16
Regie: Paolo Sorrentino
Darsteller: Celeste Dalla Porta, Stefania Sandrelli, Gary Oldman
Sorrentinos Ode an die Erinnerung, die Liebe und Neapel
Wasser und Salz
„Parthenope“ von Paolo Sorrentino
Paolo Sorrentino ist ein Kind Neapels. 2021 erzählte er davon in seinem autobiografischen „The Hand of God“, vier Jahre später nun kehrt er in die Stadt zurück. Das Kind, das dort aufwächst, ist diesmal eine Frau: 1950 erblickt sie im Uferwasser am Golf von Neapel die Welt, und der reiche Patenonkel weist ihr spontan feierlich ihren Namen zu: Parthenope. Parthenope, eine der drei mythischen Sirenen, deren todbringenden Gesang Odysseus widerstanden hat, woraufhin sich Parthenope ins Meer warf, tot bei Neapel angeschwemmt wurde und dort seither als Stadtgöttin verehrt wird. In einer anderen Version erwächst aus der Ertrunkenen selbst die Stadt Neapel. Und in einer weiteren Erzählung wird ein griechisches Mädchen namens Parthenope zur Mutter aller Neapolitaner. „Parthenope“ ist die Geschichte einer Neapolitanerin. Und er ist Hoch- und Abgesang auf Neapel.
1968 ist Parthenope (stark: Celeste Dalla Porta in ihrem Langfilmdebüt) volljährig. Und sie verdreht den Männern mit ihrer stolzen Schönheit den Kopf, den jungen Gleichaltrigen ebenso wie den alten Reichen. Ein wandelnder Magnet. Zugleich bleibt sie geradezu unnahbar. „Verlangen ist ein Msyterium und Sex sein Begräbnis“: Parthenope ist selbstbestimmt, klug, geistreich und neugierig. Auf das Leben, auf die Menschen. Die Anthropologie erwächst zum Zentrum ihrer Wissbegierde, sie schlägt die akademische Laufbahn ein und wird gefördert von ihrem Professor. Und sie wird, von der Liebe bis zum Tod, begleitet von so manchem Schicksalsschlag.
Parthenope, eine Frau, der die Welt offenliegt, die aber immer Suchende bleibt. Kind einer Stadt, in der Glück und Abgrund Hand in Hand gehen und in Melancholie und Ernüchterung münden. Wie so oft bei Sorrentino, wenn er Dekadenz und Rausch euphorisch zelebriert und zugleich Abgrund und Vergänglichkeit darin abbildet. Die Tragödie, die zugleich getragen wird von Sinnsuche. Von Sinnsuchenden.
Parthenope ist eine Sinnsuchende. Eine Entdeckerin. Verwurzelt mit ihrer Stadt. Eine Stadt, die Sorrentino ebenso genussvoll satirisch durchdringt wie seine Figuren. Wer Neapel nicht kennt, mag dabei etwas auf der Strecke bleiben – so manche Spitzen wirken wie Insider. Und doch finden sich am Ende alle wieder. Wenn Parthenopes Bruder Raimondo (Daniele Rienzo) sagt: „Es ist unmöglich, am schönsten Ort der Welt glücklich zu sein“, dann gilt das nicht bloß für Neapel.
Sorrentino umkreist seine Protagonistin gewohnt elegant mit Kamerafrau Daria D’Antonio, die seit „The Hand of God“ den bisherigen Chefkameramann des Regisseurs, Luca Bigazzi, ablöst. „Parthenope“ ist ein echter, ein guter Sorrentino: ein melancholischer, epischer, elegischer Rausch, gerahmt von Tränen, Herz und Augenzwinkern. Poetisch und philosophisch anregend genährt, mythisch unterbaut, erhaben bebildert. Anekdotisch verwoben und zugleich mit Sogkraft gebannt. Mit einer tollen Hauptdarstellerin, mit einem wunderbaren Gary Oldman in einer Nebenrolle als Schriftsteller, der seinen Vorsätzen hinterherweint. Sorrentino, der sich bisher vornehmlich männlichen Zeitgenossen widmete, zeigt mit seinem Drama: Er kann auch Frauen.
Ein Drama aller Sinne. Eine Ode an die Liebe. An die Hassliebe. An die Erinnerung.
Stormskärs Maja – Von Liebe getragen, von Stürmen geprägt
Start: 3.4.2025
Parthenope
Start: 10.4.2025
Ernest Cole: Lost and Found
Start: 17.4.2025
Oslo Stories: Liebe
Start: 17.4.2025
Quiet Life
Start: 24.4.2025
Toxic
Start: 24.4.2025
Volveréis – Ein fast klassischer Liebesfilm
Start: 1.5.2025
Oslo Stories: Träume
Start: 8.5.2025
Wenn das Licht zerbricht
Start: 8.5.2025
Mission: Impossible – The Final Reckoning
Start: 21.5.2025
Oslo Stories: Sehnsucht
Start: 22.5.2025
Das Kanu des Manitu
Start: 14.8.2025
Tron: Ares
Start: 9.10.2025
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
The Odyssey
Start: 16.7.2026
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum