Queer
Italien, USA 2024, Laufzeit: 135 Min., FSK 16
Regie: Luca Guadagnino
Darsteller: Daniel Craig, Drew Starkey, Jason Schwartzman, Henrique Zaga
>> mubi.com/de/queer
Kongeniale Romanadaption
Delirium in Südamerika
„Queer“ von Luca Guadagnino
William S. Burroughs (1914-1997) war einer der ungewöhnlichsten US-amerikanischen Schriftsteller, der als einer der Beat-Poeten neben Jack Kerouac („Unterwegs“, 1957) zu internationaler Bekanntheit kam. Viele von Burroughs Werken sind, ähnlich wie die von Hunter S. Thompson („Fear and Loathing in Las Vegas“, 1971), wild-assoziativ und weitgehend ohne eine klare erzählerische Linie. Das macht es besonders schwer, Burroughs‘ Geschichten filmisch umzusetzen. Einen insgesamt überaus gelungenen Versuch wagte David Cronenberg 1990, als er mit „Naked Lunch“ das Schlüsselwerk von Burroughs in kongeniale filmische Bilder transportierte. Das Publikum wurde dabei sehr überzeugend in die Tagträume eines Junkies versetzt, sprechende Schreibmaschinen-Insekten und Homoerotik inklusive. Nach etlichen Jahren hat sich nun mit Luca Guadagnino („Call Me By Your Name“, 2017) endlich wieder mal ein Regisseur an ein Burroughs-Werk gewagt. „Queer“ ist vielleicht eines der persönlichsten Bücher des Autors, in das viele eigene Emotionen und Sehnsüchte eingeflossen sind und das der Schriftsteller deswegen zunächst auch gar nicht veröffentlichen wollte.
Bill Lee (fantastisch: Daniel Craig) ist ein in die Jahre gekommener US-amerikanischer Schriftsteller (und Alter Ego des Autors William S. Burroughs), den es nach Mexiko gezogen hat, weil er hier bedenkenlos seinen verschiedenen Abhängigkeiten frönen kann: Alkohol, Drogen und wechselnde Männerbekanntschaften. Als Eugene Allerton (Drew Starkey) auftaucht, ist Lee von der Schönheit des jungen Mannes ergriffen. Er begehrt ihn mit Haut und Haaren, bleibt aber zunächst ungewohnt zurückhaltend. Schließlich gelingt es ihm doch, Eugene ins Bett zu bekommen. Aber Lee erhofft sich mehr. Nachdem er von einer im Urwald wachsenden Pflanze gehört hat, mit deren Hilfe man telepathische Fähigkeiten entwickeln soll, schlägt er Eugene vor, gemeinsam nach Südamerika aufzubrechen, um Yagé zu finden und auszuprobieren.
Kongenialer hätte man ein Werk von William S. Burroughs wohl kaum verfilmen können. Luca Guadagnino hat für seinen Film einen wunderschönen, aber immer leicht unwirklichen Look erschaffen, der ein bisschen an Giorgos Lanthimos‘ Bilder in „Poor Things“ erinnert. In diesem traumhaften Setting, das irgendwann in den 1950er Jahren verortet ist, fällt es umso leichter, in das drogengeschwängerte Delirium abzutauchen, das die Hauptfigur stets umfängt. Mit Doppelbelichtungen und dem dezenten Einsatz von CGI gelingt es dem Filmemacher, Wunschträume und die Ekstase des Rausches zu verbildlichen. Die homoerotischen Elemente sind in „Queer“ deutlicher und wichtiger als in Burroughs‘ anderen Werken und wurden hier mit viel Feingefühl und sehr realitätsnah umgesetzt. Daniel Craig gelingt es auf schlichtweg beeindruckende Weise, sein hartes James-Bond-Macho-Image hinter sich zu lassen und den einsamen, von Selbstzweifeln geplagten und leidenschaftlich verliebten Schriftsteller äußerst glaubwürdig darzustellen.
Queer
Start: 9.1.2025
September 5
Start: 9.1.2025
We Live In Time
Start: 9.1.2025
Armand
Start: 16.1.2025
Like A Complete Unknown
Start: 27.2.2025
Das kostbarste aller Güter
Start: 6.3.2025
Köln 75
Start: 13.3.2025
Das Licht
Start: 20.3.2025
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch