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Requiem

Requiem
Deutschland 2005, Laufzeit: 92 Min., FSK 12
Regie: Hans-Christian Schmid
Darsteller: Sandra Hüller, Imogen Kogge, Burghart Klaußner, Anna Blomeier, Friederike Adolph, Jens Harzer, Irene Kugler, Eva Löbau, Johann Adam Oest, Nicholas Reinke, Walter Schmidinger

Das macht die Arbeit des Filmkritikers zugleich spannend und einfach: Wenn in recht kurzem Abstand zwei sehr unterschiedliche Filme zu einem Thema erscheinen. Das hat im Falle von "Broken Flowers" versus "Don't come knocking" für klare Verhältnisse gesorgt, das lässt einen - ganz aktuell in diesem Monat bei "Das Leben der Anderen" und "Vater und Feind" - über die unterschiedlichen Formen von Spiel- und Dokumentarfilm sinnieren. Und es lässt die gut recherchierte Milieuschilderung in "Requiem" trotz der reduzierten filmischen Mittel im direkten Vergleich mit einem neoreligiösen Horrorstreifen wie "Der Exorzismus von Emily Rose" in vollem Glanz erstrahlen. Beide Filme haben die Geschichte der Anneliese Michel als Vorbild. Michel, die in einem streng katholischen Haus in einem kleinen Dorf aufwuchs, erkrankte mit 16 an Epilepsie. Als sie zum Studium nach Tübingen zieht, verschlimmert sich ihr Zustand durch Wahnvorstellungen. An ihr wird fast ein Jahr lang - mit der Genehmigung des zuständigen Bischofs - ein Exorzismus durchgeführt. Im Sommer 1976 stirbt sie an körperlicher Schwäche. "Der Exorzismus von Emily Rose" macht aus dieser Geschichte einen konventionellen Horror-Thriller, der vorgibt, eine liberale Einstellung zu haben, in Wahrheit aber mit übersinnlichen Ereignissen und Bestrafungsszenarien, die nur den neoreligiösen Tendenzen in den USA entwachsen können, radikal gegen eine naturwissenschaftliche Sicht polemisiert. Ganz anders der in muffigen Brauntönen gehaltene "Requiem": Der Film ist eine ruhige wie genaue Sozialstudie, die das religiöse Leben auf dem Dorf mit dem post-68er Studentenleben in Tübingen kontrastiert. Genau dieser Kontrast der Lebensformen ist es, der Michaela Klingler, wie hier die Protagonistin heißt, zusammen mit den medizinischen Hintergründen der Epilepsie und den damit verbundenen Wahrnehmungsstörungen zurück in das Deutungssystem der Religion treibt ? und von dort aus direkt in einen im Deutschland der 70er Jahre nicht für möglich gehaltenen, tragisch endenden Exorzismus. Dass jetzt zwei Filme zu dem Thema mit so unterschiedlichen Sichtweisen erscheinen, zeigt, dass die anti-aufklärerischen Tendenzen schon volle Wirkung zeigen. Gut, dass es mit "Requiem" ein Gegengift gibt.

(Christian Meyer)

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