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Wahrheit oder Pflicht (2004)
Deutschland 2004, Laufzeit: 90 Min.
Regie: Jan-Martin Scharf, Arne Nolting
Darsteller: Katharina Schüttler, Thomas Feist, Jochen Nickel, Therese Hämer, Torben Liebrecht, Thorsten Merten

Sauber und perfekt steht das weiße Haus in der noch unfertigen Neubausiedlung. Auch die Eltern geben ein Traumpaar ab: Der Vater ist Pilot, die Mutter engagiert sich in der Gemeindepolitik, um eine Umgehungsstraße zu erwirken. In dieses Bild will Annikas Scheitern einfach nicht hineinpassen. Als sie das verhängnisvolle Zeugnis, das die Versetzung in die 13. Klasse endgültig verwehrt, nach Hause bringt, kann sie es ihren Eltern einfach nicht zeigen. Stattdessen legt sie ein Gefälschtes vor und geht nach den Sommerferien jeden Morgen Richtung Schule. Tatsächlich richtet sie sich aber auf einem Brachland einen schäbigen Bus als Unterschlupf her und verbringt dort ihre Tage. Es wird allerdings zunehmend komplizierter, das Lügengebäude aufrecht zu erhalten: Die Nachhilfe in Mathe kriegt sie noch gehändelt und sogar während der Klassenfahrt ihrer alten Mitschüler wähnen die Eltern sie ebenfalls in Rom. Doch spätestens bei der Abiturfeier wird sie die Wahrheit sagen müssen. Kai, den sie in ihrem schäbigen Bus kennen lernt, ermutigt sie zur Aussprache mit den Eltern, doch die scheinen die Wahrheit gar nicht hören zu wollen. "Wahrheit oder Pflicht", in Zusammenarbeit mit dem WDR und der Kunsthochschule für Medien in Köln produziert, ist ein tragikomischer Film über die Schwierigkeit, sich den Erwartungen der Umwelt zu entziehen und sein eigenes Leben zu leben. Katharina Schüttler ("Sophiee!!"; "Die innere Sicherheit") wirbelt wieder einmal charmant und keck über die Leinwand und spielt die verzweifelt-freche 18jährige Annika großartig. Daneben ist nicht mehr allzu viel Platz. Trotzdem ist das beileibe nicht die einzige Qualität des Films: Das Drehbuch ? nach einer wahren Begebenheit ? ist stimmig und Annikas Kurzschlusshandlungen sind stets nachvollziehbar. Auch Humor und Dramatik stehen in einem guten Verhältnis, und der einzige Moment, in dem man Kritik üben möchte ? im Finale ? entpuppt sich als gut platzierter Gag der Regisseure.

(Christian Meyer)

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