Wanda, mein Wunder
Schweiz 2020, Laufzeit: 112 Min., FSK 0
Regie: Bettina Oberli
Darsteller: Agnieszka Grochowska, Marthe Keller, André Jung
>> www.x-verleih.de/filme/wanda-mein-wunder/
Familiendrama um einen Pflegefall
Familienangelegenheiten
„Wanda, mein Wunder“ von Bettina Oberli
Mit der durchschnittlich immer höher werdenden Lebenserwartung der Menschen steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass man im Alter auf Pflege angewiesen ist. Wer die Unterbringung in einem Pflegeheim scheut oder es sich finanziell leisten kann, engagiert eine Pflegekraft für die Betreuung in den eigenen vier Wänden. Als preisgünstige Variante zu deutschen Pflegekräften hat sich das polnische Pflegemodell etabliert, bei dem Fachkräfte aus dem Nachbarland für einige Monate mit ins Haus einziehen und rund um die Uhr für den Patienten da sein können. Dass sie dabei für das gute deutsche Geld in Polen ihre eigene Familie vernachlässigen, ist fast unvermeidbar und steht auf einem anderen Blatt. Bettina Oberli („Die Herbstzeitlosen“) hat all diese Aspekte in ihrem neuen Film „Wanda, mein Wunder“ verdichtet und ab einem gewissen Grad dann auch überspitzt, um anhand des Mikrokosmos von zwei Familien die aktuelle Situation in der Alten- und Krankenpflege unter die Lupe zu nehmen.
Wanda (Agnieszka Grochowska) ist als polnische Pflegekraft für den 70-jährigen Industriellen Josef (André Jung) engagiert worden, der sich nach einem Schlaganfall nicht mehr selbst versorgen kann. Wanda ist im Keller seiner Schweizer Villa untergebracht und bei allen Familienmitgliedern beliebt. Josefs Sohn Gregi (Jacob Matschenz) hat ein Auge auf Wanda geworfen, obwohl er weiß, dass sie Mutter zweier Kinder ist, die in Polen immer sehnsüchtig auf ihre Rückkehr warten. Aber auch Josef weiß die Reize seiner attraktiven Pflegekraft zu schätzen, die er immer mal wieder nachts zu sich ins Zimmer bestellt, damit sie ihm für ein paar zusätzliche Franken Leistungen erbringt, die der Pflegekatalog eigentlich nicht vorsieht. Als diese Gefälligkeiten unerwartete Konsequenzen nach sich ziehen, geraten sowohl die Familie in der Schweiz als auch die in Polen in Schieflage.
Was man auch leicht mit den Mitteln der derben Komödie hätte verwässern oder entschärfen können, wird von Bettina Oberli überwiegend ernst und nachdenklich geschildert. Komische Brechungen sind zwar ebenfalls vorhanden, werden aber angenehmerweise nicht zum dominierenden Element. Vielmehr gelingt es der Schweizer Regisseurin, die immanenten Probleme dieses Pflegemodells aufzugreifen und kritisch zu beleuchten. Sowohl die Entbehrungen der polnischen Pflegekraft werden angesprochen als auch die Dreistigkeit der gut situierten Schweizer, die glauben, hier ein All-Inclusive-Paket erworben zu haben, das auch Leistungen als Putzhilfe oder Sexarbeiterin beinhaltet. Zusätzliche interessante Aspekte kommen mit Josefs Tochter Sophie (Birgit Minichmayr) ins Spiel, einer Blaupause der skrupellosen Karrierefrau, die mit ihrem Erscheinen sämtliche Entscheidungen an sich reißt und im Laufe des Films die größtmögliche Palette unterschiedlicher Emotionen durchläuft. Oberli hat sich in ihren Schilderungen weitgehend auf den Mikrokosmos der Familie beschränkt und verlässt auch die Villa selten, was die Geschehnisse zusätzlich intensiviert.
(Frank Brenner)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
The Outrun
Start: 5.12.2024
Here
Start: 12.12.2024
All We Imagine As Light
Start: 19.12.2024
Freud – Jenseits des Glaubens
Start: 19.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025
September 5
Start: 9.1.2025