Es gibt 1 Beitrag von witt
weitere Infos zu diesem Film | 18 Forenbeiträge
09.11.2003
das genie ist zwar keine kategorie mehr. wo abgedroschenes zusammengekehrt wird, da findet man kein körnchen wahrheit. sondern nur noch die streu von binsenweisheiten wie "anything goes" und "trash is beautiful".
aber: von trier schafft es mit seinen filmen, die dringlichkeit moralischer fragen und die frage nach ästhetischer konsequenz bildhaft, originell und zugleich ironisch, und auf eine sehr eigenartige weise neu darzustellen. und deshalb möchte ich vorschlagen, ihn doch - ausnahmsweise - zu einem genie zu erklären. denn auch in seinem neuesten film dogville findet man nichts abgenutztes, nichts langweiliges. sondern ein unglaublich komplexes, romantisch geniales gebilde.
meisterhaft (man entschuldige dieses etwas antiquierte wort), den kinoverbildeten zuschauer 178 minuten lang mit einer einerseits eigensinnigen ästhetik, andererseits scheinbar veralteten, alttestamentarischen moralproblemen zu konfrontieren, ohne ihn auch nur eine minute zu langweilen. experimentelle kunst des eigensinns, wie sie in der moderne zum standard geworden ist, tendiert dazu, ein gefühl des überdrusses beim betrachter zu erzeugen. von trier erfindet etwas, das ein neuer, aufregender standard werden könnte: die spannung gegen den terror der beliebigkeit. seine kategorien sind, so merkwürdig das erscheint, die der tradition, kategorien der vormodernen religion und der vorpostmodernen kunst. und er verweist darauf ohne rücksicht. keine gnade für zeitgenössische bequemlichkeiten, denn er schont nicht - wohl mit genuss - die sicheren einsichten in die vergeblichkeit oder das gelingen sowohl moralischer als auch ästhetischer anstrengungen. das unterscheidet ihn übrigens deutlich von tarantino, der sich im gegensatz zu trier in ironischen pirouetten mit hilfe antibürgerlicher gewaltinszenierungen auf amerikanisch amüsante art dem ergibt, dem er kampf angesagt zu haben vorgibt: dem moralisch und ästhetisch scheiterndem mainstream. trier führt seinen unnachgiebigen kampf ohne bitterkeit, sondern mit einer beeindruckenden, mikroskopisch genauen mischung aus ironie und ernsthaftigkeit. einfach erstaunlich, wie er spiel, experiment, wagnis mit unerbittlichkeit, tragik, tiefe verbindet.
das ist große kunst. schaut euch diesen film einer seltenen haltung an. von so etwas möchte ich mehr sehn. nicht nur im film.
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Die leisen und die großen Töne
Start: 26.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025
Queer
Start: 9.1.2025
September 5
Start: 9.1.2025
We Live In Time
Start: 9.1.2025
Armand
Start: 16.1.2025
Like A Complete Unknown
Start: 27.2.2025
Das kostbarste aller Güter
Start: 6.3.2025
Köln 75
Start: 13.3.2025
Das Licht
Start: 20.3.2025
„Versagen ist etwas sehr Schönes“
Regisseur Taika Waititi über „Next Goal Wins“ – Gespräch zum Film 01/24
„Ich muss an das glauben, was ich filme“
Denis Imbert über „Auf dem Weg“ – Gespräch zum Film 12/23