Freitag, 6. Juni: Es mutet seltsam an, dass der Deutsch-Türke Fahri Yardim, der Deutsch-Afrikaner Tedros „Teddy“ Teclebrhan und der Berliner Rapper Paul Würdig alias „Sido“ in einem Film als Brüder vor der Kamera stehen. Natürlich sind die drei nur „Halbe Brüder“, das verrät schon der Titel des neuen Films von Christian Alvart („Antikörper“, „Pandorum“), der derzeit in und um Köln realisiert wird. Die gemeinsame Mutter der drei Protagonisten ist gestorben und bei der Testamentseröffnung erfahren sie zum ersten Mal von der gegenseitigen Existenz und ihrem Verwandtschaftsverhältnis. Um an das stattliche Erbe zu gelangen, müssen sich Julian (Sido), Yasin (Fahri Yardim) und Addi (Teddy Teclebrhan) allerdings auf eine Schnitzeljagd durch ganz Deutschland begeben, erste gegenseitige Aversionen überwinden und ihre leiblichen Väter kennen lernen. Ein Stoff, der also wie geschaffen ist, um ein rasantes Road Movie mit multikulturellen Anspielungen in Gang zu setzen. Das Drehbuch stammt aus der Feder Doron Wisotzkys, der schon die Matthias-Schweighöfer-Hits „What a Man“ und „Schlussmacher“ zu Papier brachte.
Auf den ersten Blick ein ungewöhnliches Genre für Spannungs-Regisseur Christian Alvart, der nach seinem hoch gelobten Debüt „Antikörper“ auch Hollywoodfilme mit Dennis Quaid und Bradley Cooper inszenierte. Doch auf der Pressekonferenz in Köln wiegelt Alvart ab, denn als er noch Amateurfilme realisierte, wechselte er dabei immer Genrefilme mit Komödien ab: „Ich wollte immer zurück zum Komödie machen, und jetzt fühle ich mich dabei wieder wie ein Amateur.“ Umso wichtiger war es ihm und seinem Kölner Produzenten Marc Conrad („Im Angesicht des Verbrechens“), keine 08/15-Komödie nach etabliertem Schema zu drehen. Conrad wollte mit Alvart einen Regisseur verpflichten, der einen neuen Blick auf das Komödiengenre eröffnen konnte. Und Alvart mochte am Buch, dass es sich um eine Komödie mit Herz handelte, die ihre Figuren ernst nimmt. Alvart und seine drei heterogenen Hauptdarsteller vollbrachten im Herbst 2013 das Kunststück, stolze zwanzig Seiten des Drehbuchs an einem Tag herunterzukurbeln, um diesen Clip bei der Förderung einzureichen. Petra Müller, Geschäftsführerin der Film- und Medienstiftung NRW, überzeugte das Ergebnis dermaßen, dass sie eine Million Euro als Fördersumme locker machte: „Wir fanden die Konstellation der Herren ausgesprochen überzeugend!“
Bei der Pressekonferenz erweckten die drei Protagonisten den Eindruck, als würde die Chemie zwischen ihnen am Set stimmen. Zwar scherzte Fahri Yardim: „Uns wurde gesagt, dass wir sagen sollen, dass es zwischen uns harmoniert“, aber die drei scheinen sich tatsächlich gesucht und gefunden zu haben. Yardim und Teclebrhan kennen sich bereits seit gemeinsamen Dreharbeiten zu „Und weg bist Du“, die 2012 ebenfalls für Conradfilm in Köln stattgefunden hatten. Für „Halbe Brüder“ dient Köln nun einerseits als Kölner Schauplatz, doubelt andererseits aber auch für andere Teile Deutschlands. Weitere Motive findet das Team in der Region in Bergisch Gladbach, Düren und Kerpen. Alvart meinte, dass es dem Film helfe, dass seine drei Darsteller genau wie ihre filmischen Entsprechungen im Laufe der Zeit zusammenwachsen. „Ich führe manchmal auch die Kamera, die dann oft wackelt, weil ich dabei so lachen muss“, offenbarte der Regisseur und Koproduzent der Presse. Wenn sich diese Ausgelassenheit auf das filmische Ergebnis überträgt, steht dem Erfolg von „Halbe Brüder“ nichts mehr im Wege, wenn er am 19. März 2015 von Universal Pictures International Germany in die Kinos gebracht wird.
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