Erst mit Beethoven im konzentrierten Kammerorchester-Flair im vergangenen Winter, im neuen Jahr mit romantischem Prankenschlag für königliche Ansprüche und große Konzerthallen: Piano-Star Jan Lisiecki wirkt in dieser Saison als Artist in Residence bei der Westdeutschen Konzertdirektion in erlesenen Konzertprogrammen.
Alles andere als Pompöses vermittelt ein Auftritt des schlaksigen Klavierspielers Jan Lisiecki. Der Kanadier mit polnischen Ahnen huldigt dem virtuosen wie innigem Klavierspiel weltweit mit großem Erfolg. Der junge Hüne, der gern mal drei philharmonische Treppenstufen auf einmal nimmt, steht technisch dreimal über dem Notentext und hat deshalb gar keinen Grund, mit rasantem Kurven zu prahlen. Er nimmt sich Zeit, lauscht den eigenen Phrasen hinterher und drückt nie unnötig auf die Tube. In seinen Interpretationen klingt einiges geschmettert oder zu derb, manches Zaudern und Verzögern unausgereift, die Kadenz pompös bis dramatisch. Aber seine Lesart wirkt authentisch im hier und jetzt, eine Annäherung weniger in Demut als in Übermut – Beethovens Drittes, ein unfassbares Werk, tritt in seine neueste Erforschungsphase. Eine Anekdote erzählt, Beethovens Umblätterer bei der Uraufführung hätte kaum folgen können, da die meisten Seiten noch leer waren. Lisiecki, Student der Glenn Gould School in Toronto, hat diesen Geist der Improvisation zurückgebracht.
Der Pianist besitzt auch Humor. Sein eigenes Wachstum habe ausgesetzt, so seine Theorie, als die Knie noch gerade so unter den Flügel passten. Deshalb benötigt er kein Spezialinstrument und kann sich in das Pianisten-Schicksal ergeben, immer neu auf andere Instrumente reagieren zu müssen – das birgt nicht nur Mühsal, oft auch Inspiration.
Der Musiker Jahrgang 1995 debütierte mit neun Jahren mit Orchester, 2011 unterzeichneten wahrscheinlich seine Eltern einen Exklusiv-Vertrag mit Deutsche Grammophon, einem renommierten Label, das sich niemals ihr „ph“ wegnehmen lassen wird. Mit jungen Jahren gilt er als bereits „Alter Hase“ im Geschäft, er gastiert bei den besten Orchestern und mit den feinsten Kammermusik-Partnern – vor kurzem als Liedpartner mit Matthias Goerne u.a. bei den Salzburger Festspielen. Goerne ging gerne mit Brendel – ein Ritterschlag für Lisiecki. Auch seine Konzertpartner im neuen Jahr sind erfahrene Spitzenunterhalter: Es spielt das Royal Philharmonic Orchestra mit Vasily Petrenko.
Royal Philharmonic Orchestra | 27.1. 20 Uhr, Tonhalle Düsseldorf (0211 91 38 75 38 ) | 31.1. 20 Uhr, Philharmonie Köln (0221 28 02 80)
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