Chantal Santon-Jefferey, der Name der Sopranistin klingt bereits wie überirdische Musik, singt die Rolle L´Amour in der Oper „Les voyages de l´Amour“ des Tonsetzers Joseph Bodin de Boismortier. Gestartet hat die Reise des Liebesgottes im Paris des Jahres 1736, im November 2019 landet Amor nun in Herne. Denn hier pochen traditionell und alljährlich die Herzen der Liebhaber Alter Musik und erwarten dabei auch das außergewöhnliche Erlebnis: Ein solches könnte mit dieser volksnahen Oper in Kooperation mit dem Centre de Musique Baroque de Versailles eintreten.
Ein Musikkenner bewertete rückblickend im Jahre 1780 die Leistung des Komponisten: „Er nutzte die Naivität seiner Kunden aus, sodass man über ihn sagte: Glücklich ist Boismortier, aus dessen Feder jeden Monat ohne Anstrengung eine Air nach Belieben fließt.“ Aber er konstatierte auch große Begabung und verglich das Werk des Künstlers mit einer Goldmine. Wie man ahnen kann, war der Komponist ein Andrew Lloyd Webber seiner Zeit, er selbst hätte dem oben zitierten Kritiker geantwortet: „Ich verdiene Geld!“
So wie er im instrumentalen Bereich die Dilettanten an Flöten, Violinen, Oboen, Dudelsäcken und Drehleiern mit eingängigen Melodien und reizvollen Duetten bediente, so suchte er auch auf der Bühne die Ohren der Opernbesucher zu erfreuen. Eine „Partitur voller Energie und Vielfalt, mit einem wahren Feuerwerk an Arien und großen Chor-Tableaus“ versprechen die Veranstalter im Kulturzentrum in Herne, es spielen und singen der Purcell Choir und das Orfeo Orchestra mit dem Dirigenten György Vashegyi und erfahrenen Solisten.
Natürlich ist dies nur ein Akzent des Festivals, das sich in diesem Jahr mit dem kommunikativen Bestandteil von Musik beschäftigt. Ob militärische Fanfaren mit Signalwirkung auch zur Kunst zählen, das ermitteln die Bläser des Schwanthaler Bläserconsort (17.11.). Palästrina kämpfte beim Tridentinischen Konzil um den Erhalt der Kunst in der Kirchenmusik. Wie ihm Erfolg beschieden war, dokumentiert ein Konzert mit The Tallis Scholars in der Kreuzkirche (15.11.). Ein Requiem spricht auch in ganz eigenem Tonfall zu den Trauernden, besonders wenn die Verstorbene Maria Augusta von Württemberg hieß. Der italienische Maestro Niccolò Jommelli schrieb für ihren Sohn Herzog Carl Eugen ein Werk im „galanten Stil“, das ein Eigenleben entwickelte. Coro e Orchestra Ghislieri sind dem Werk mit großer Wirkung in der Kreuzkirche auf der Spur (17.11.).
Tage alter Musik | 14. - 17.11. | Herne | 0231 917 22 90
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Einfach mal anders
Das stARTfestival der Bayer AG in Leverkusen geht eigene Wege – Festival 04/24
Mit weiblicher Inspiration
City of Birmingham Symphony Orchestra in Dortmund – Klassik an der Ruhr 02/20
Ein bisschen Spaß muss sein
Julia Jones dirigiert das Sinfonieorchester Wuppertal – Klassik an der Ruhr 12/19
Freches Geburtstagsgeschenk
Moritz Eggert komponiert zum 100. Geburtstag in Bochum – Klassik an der Ruhr 10/19
Sommerliche Pfeifentöne
Orgelwettbewerb in Wuppertal – Klassik 08/19
Andere Konzerte zum Saisonende
Die Philharmonie Essen präsentiert das Besondere – Klassik an der Ruhr 07/19
Aus Beethovens Tagen
Goebel und Contzen besuchen Duisburg – Klassik an der Ruhr 04/19
Blick zurück, Blick voraus
Die Essener Philharmoniker umzingeln Tschaikowski – Klassik an der Ruhr 02/18
Rebellen und Revoluzzer
In Herne poltert die Alte Musik – Klassik an der Ruhr 11/17
Mutiges Credo
Der Robert-Schumann-Saal in Düsseldorf mit neuem Programm – Klassik an der Ruhr 10/17
In der guten Stube
Isabelle van Keulen übernimmt Künstlerische Leitung in Neuss – Klassik an der Ruhr 09/17
Wenig Andacht bei Rossini
Ballett am Rhein zeigt die „Petite Messe Sollenelle“ – Klassik am Rhein 08/17
Originelle Qualität
„Weihnachten mit Daniel Hope“ in der Philharmonie Essen – Klassik an der Ruhr 12/24
Friedenslieder zum Jahresende
„Silvesterkonzert – Bernstein & Gershwin“ in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 12/24
Aus Alt mach Alt
Tage Alter Musik in Herne 2024 – Klassik an der Ruhr 11/24
Sinfonische Vollender
Gil Shaham in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 11/24
Weiblicher Beethoven
Emilie Mayers 5. Sinfonie im Konzerthaus Dortmund – Klassik an der Ruhr 10/24
Ein Himmel voller Orgeln
Zwei Orgelfestivals in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 10/24
Mit virtuoser Blockflötistin
33. Festival Alte Musik Knechtsteden in Dormagen und Köln – Klassik an der Ruhr 09/24
Nach François-Xavier Roth
Der Abgang des Kölner GMDs sorgt für Umbesetzungen – Klassik am Rhein 09/24
Barock und Filmmusik
Open-Air-Konzerte „Viva Italia!“ im Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 08/24
Exotische Musik
„Sounds of Nature“ und „Diálogos de amor“ beim Niederrhein Musikfestival 2024 – Klassik am Rhein 08/24
Pop-Hit trifft düstere Rarität
Semesterkonzert an der RUB – Klassik an der Ruhr 07/24
Akademische Bürgernähe
Michael Ostrzyga dirigiert „Elias“ in Bergheim und Köln – Klassik am Rhein 07/24
Bruckners „verfluchte“ Neunte
„Von Herzen – Letzte Werke“ in Bochum – Klassik an der Ruhr 06/24