Nachdem 1985 die zwölf romanischen Kirchen Kölns in frischem Glanze neu erstrahlten, wurde 1988 der erste Romanische Sommer ausgerufen. Bis heute laufen – wie auch am Kölner Dom – Restaurierungsarbeiten und künstlerische Erweiterungen, etwa die bis heute andauernde Fenstergestaltung durch Markus Lüpertz in St. Andreas. In St. Pantaleon stießen die Sanierer im Sommer 2021 auf Reste von Holzbohlen, deren durch Radiokarbondatierung belegtes Alter die Fertigstellung des Westwerks um das Jahr 1000 bestätigte – auch hier werden alte Rätsel ganz aktuell gelöst.
Allein für die neun jetzt bespielten romanischen Kirchen lohnt die Reise, im Pressetext werden sie von den Veranstalter:innen trefflich als „akustische Wunderkammern Kölns“ bezeichnet. Musik, Architektur und damit verbundener Raumklang stellen ein unschlagbares Team auf, das nicht nur mit Alter Musik und festlichem Orgelklang seine Wirkung entfaltet. Auch Kontraste mit zeitgenössischer Musik oder Jazz sollen die heiligen Hallen durchfluten. Das diesjährige Festival bemüht dafür das Motto „Strahlen“ für sein atmosphärisches Programm.
Vokalmusik der Renaissance aus den Reihen der Cappella Sistina, dem päpstlichen Vokalensemble im Vatikan, eröffnet die Sparte der Alten Musik in St. Ursula. Namen wie Guillaume Dufay oder Josquin Desprez bezeichnen die Meister der frühen Chormusik. Nach letzterem benannte sich das Ensemble „Josquin Capella“ aus dem Dunstkreis der Schola Cantorum Basiliensis, mittlerweile ein international besetztes Ensemble.
In St. Pantaleon stimmen die „Voces Suaves“ Werke von Johann Hermann Schein an, deren Inspiration auch von italienischen Meistern abgelauscht wurde. Schein, geschätzter Kollege von Heinrich Schütz, war Thomaskantor in Leipzig. Einen rein vokalen Rundumschlag absolvieren Voces 8, ein englisches Spitzenensemble und als Grammy-nominierte Vokalgruppe wohl der leuchtendste Stern am Himmel der Romanischen Nacht (16.6.), in St. Maria im Kapitol. Hier soll Musik aus allen Zeiten und allen Sparten in einem wilden Wirbel präsentiert werden: Eine Uraufführung des Komponisten Harald Banter heißt „Die Sterne“, eine portugiesische Stimme singt zur Gitarre über die Sehnsucht, und der WDR Jazzpreis-Träger Jens Düppe trommelt zum Afghaani/Paschtu-Gesang der ECM-Künstlerin Simin Tander – alles drin.
Romanischer Sommer | 11. bis 16.6.2023 | div. Kirchen in Köln | 0221 28 01 (Kölnticket)
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Sinfonische Vollender
Gil Shaham in der Kölner Philharmonie – Klassik am Rhein 11/24
Aus Alt mach Alt
Tage Alter Musik in Herne 2024 – Klassik an der Ruhr 11/24
Weiblicher Beethoven
Emilie Mayers 5. Sinfonie im Konzerthaus Dortmund – Klassik an der Ruhr 10/24
Ein Himmel voller Orgeln
Zwei Orgelfestivals in Köln und Düsseldorf – Klassik am Rhein 10/24
Mit virtuoser Blockflötistin
33. Festival Alte Musik Knechtsteden in Dormagen und Köln – Klassik an der Ruhr 09/24
Nach François-Xavier Roth
Der Abgang des Kölner GMDs sorgt für Umbesetzungen – Klassik am Rhein 09/24
Barock und Filmmusik
Open-Air-Konzerte „Viva Italia!“ im Ruhrgebiet – Klassik an der Ruhr 08/24
Exotische Musik
„Sounds of Nature“ und „Diálogos de amor“ beim Niederrhein Musikfestival 2024 – Klassik am Rhein 08/24
Sieben Komponistinnen
Liederabend in der Kirche am Kolk – Musik 07/24
Erfolgreiche Nachwuchsarbeit
Jubiläumskonzert der Wuppertaler Kurrende – Musik 07/24
Akademische Bürgernähe
Michael Ostrzyga dirigiert „Elias“ in Bergheim und Köln – Klassik am Rhein 07/24
Pop-Hit trifft düstere Rarität
Semesterkonzert an der RUB – Klassik an der Ruhr 07/24
Bruckners „verfluchte“ Neunte
„Von Herzen – Letzte Werke“ in Bochum – Klassik an der Ruhr 06/24
Mit Hochdruck bei der Arbeit
Die Orgelfeierstunden im Kölner Dom – Klassik am Rhein 06/24
Träume aus alten Zeiten
Zamus: Early Music Festival 2024 in Köln – Klassik am Rhein 05/24