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Und immer wieder 3D

23. April 2010

Filmwirtschaft 04/10

„Avatar“ dürfte seit vielen Jahren wieder der erste Film sein, der die 10 Millionen Besucher-Grenze in Deutschland geknackt hat. Zwar liegen wir damit deutlich niedriger als im einwohnerärmeren Frankreich, das bereits die 14 Mio.-Grenze überschritten hat, dennoch stellen die blauen Fantasiegestalten ein einzigartiges Ergebnis dar.
Der enorme Aufwind, den die Kinobranche durch diesen Film erreicht hat, hat die Diskussion um die Digitalisierung erneut angeheizt. Bislang wartet die deutsche Kinobranche auf ein flächendeckendes Digitalisierungsmodell mit Beteiligung von Fördermitteln aus der Branche (FFA) und Ländern sowie natürlich den Filmverleihern. Die knapp 500 Leinwände, die derzeit überwiegend oder fast ausschließlich 3D-Filme zeigen, sind ohne eine Beteiligung der obengenannten Partner finanziert worden, weil mit diesem Angebot ein eigenes Geschäftsmodell entwickelt werden konnte. Die über 100.000 € teuren Anlagen refinanzieren sich durch den Aufpreis, der für die 3D-Projektion vom Besucher verlangt wird. Und doch reichen diese Leinwände bei weitem nicht aus, wenn mehrere interessante 3D-Titel in den Markt drängen. Denn nur die großen Kinos mit sechs Leinwänden und mehr können sich eine zweite Anlage leisten. Mit dem neuen Film von Disney, Tim Burtons „Alice im Wunderland“, entsteht der typische Effekt, wenn ein immer noch sehr gut laufender Film wie „Avatar“ die Leinwände blockiert. Statt der von Disney erwarteten und gewünschten 400-500 Leinwände sind lediglich 200 zum Starttermin frei gewesen. Dass angesichts der Investitionen, die auch im Bereich der Produktion für 3D anfallen, diese wettbewerbsbedingte Auswertungsrestriktion unbefriedigend ist, ist nachzuvollziehen. Und wenn „Alice im Wunderland“ den Erfolg verspricht, der in der ersten Woche festzustellen ist, dann wird auch der nächste große Film, der von Paramount herausgebracht wird, „Drachenzähmen leicht gemacht“, auch nicht alle verfügbaren 3D-Leinwände zur Anmietung erhalten. Insofern verwundert es nicht, dass nahezu alle großen Filmverleiher die Kinobranche drängen, nicht nur kleinere und mittlere Häuser mit mindestens zwei Anlagen auszustatten, sondern auch die kleinen Kinos in der Fläche mit wenigstens einer Leinwand zu versehen. Die Verleiher sprechen gar von weißen Flächen auf der 3D-Landkarte Deutschland. Die Kinoseite hingegen argumentiert mit der wirtschaftlichen Ertragskraft von zweiten und dritten Leinwänden pro Center. Denn für die Kinos ist es schlicht nicht machbar, die Kapazitäten an den Auslastungsspitzen auszurichten, weil diese dann jenseits dieser außergewöhnlichen Besucherspitzen nicht oder nicht ausreichend profitabel betrieben werden können. Den enormen Finanzbedarf einer digitalen 3D-Anlage erkennend hat sich das traditionsreiche Unternehmen Technicolor dazu entschlossen, die bereits mehrfach in der Kinogeschichte erprobte analoge 3D-Technik anzubieten. Mit einem Spezialobjektiv, das lediglich rund 30.000 € kostet, können besonders aufbereitete Filmkopien ebenfalls mit den dreidimensionalen Effekten gezeigt werden. Doch Verleiher und Kinos sind skeptisch, da diese Investitionen ausschließlich für die 3D-Technik verwendet werden kann, während die digitale Anlage naturgemäß auch 2D-Filme zeigen kann. Insofern werden viele Verleiher das Technicolor-System nicht unterstützen. Insgesamt geht die Kinobranche davon aus, dass mit etwa 1.000 Leinwänden, was rund einem Viertel des gesamten Kinoparks entspricht, eine ausreichende Kapazität gegeben ist. Die Verleiher hingegen können sich eine Aufrüstung von bis zu 3.000 Leinwänden vorstellen. Bislang stehen die 3D-Anlagen hauptsächlich in Multiplexen und Mainstreamkinos. Programmkinos hingegen sind bislang so gut wie gar nicht ausgestattet, sind doch die 3D-Filme im Wesentlichen Produktionen des Massengeschmacks. Das könnte sich mit der Wenders-Dokumentation über Pina Bausch ändern, denn hier wird eine Zielgruppe angesprochen, die üblicherweise Programmkinos aufsucht. Da diese Raritäten für die Kunstkinos jedoch eine Amortisation schlichtweg unmöglich machen, kann der eigenartige Effekt entstehen, dass die Bausch-Doku in 3D in Kinos gezeigt wird, in die das typische Publikum nicht gehen will, und die eigentlich dafür vorgesehenen Programmkinos die entsprechende Ausrüstung nicht haben werden. Insofern darf man gespannt sein, welche Vermarktungsstrategie Wenders einschlagen wird, um den ohne Frage künstlerisch zu erwartenden Erfolg auch in einen wirtschaftlichen zu übertragen.

Kim-Ludolf Koch

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