Auf der Emsländischen Freilichtbühne Meppen steht der Musical-Klassiker „Anything Goes“ auf dem Programm. Das begeisterungsfähige Publikum von Deutschlands meistbesuchter (unüberdachter) Freilichtbühne gerät schon bei der Ouvertüre in Mitklatsch-Laune. Spätestens nach der ersten Steppeinlage kommt es dann aus dem Staunen nicht mehr heraus, was die über 340 ehrenamtlichen Schauspieler, Tänzer, Techniker, Bühnenbauer, Schneiderinnen, Maskenbildner und Organisationskräfte da wieder mit Unterstützung der renommierten Choreographin und Regisseurin Iris Limbarth innerhalb eines Jahres gestemmt haben. Mit ihren Weggefährten vom Wiesbadener Staatstheater – Reinhard Wust (Bühnenbild) ,Heike Ruppmann (Kostüme) – und den drei professionellen Musicaldarstellern Thorsten Ritz, Rainer Maaß, Julia Felthaus hat Limbarth das Optimale aus dieser Cole Porter–Hitparade im Gewand einer auf einem Luxus-Liner spielenden Boulevardkomödie herausgeholt, in der es nach viel Liebes-Chaos ein vierfaches Happy-End zu beklatschen gibt.
Einfühlsam bindet die Inszenierung das 70-köpfige Ensemble in die großen Revue-Nummern ein. Und das vom Band kommende Orchester spielt jenen schnörkellosen Swing, der die Porterschen Melodien direkt ins Ohr gehen lässt. Dankenswerterweise hat man die weltberühmten Evergreens– bis auf einige die Handlung vorantreibende Zwischensongs – im Original belassen. Und während Iris Limbarth sich in der Spitze deutscher Musical-Regisseure festgesetzt hat, dürfte Meppen bald auch die überdachten Freilufttheater schlagen: künstlerisch wie zuschauermäßig.
Nachdem Ken Ludwig 1992 George und Ira Gershwins „Girl Crazy“ aus dem Jahre 1930 mit neuen Songs und einer veränderten Handlung ausgestattet hatte, eroberte „Crazy for you“ die Bühnen der Welt. Nun haben sich Andreas Gergen und Christian Struppeck, zwei unserer innovativsten Musical-Regisseure, an den aufgepeppten Klassiker gewagt – und liefern in Tecklenburg eine Inszenierung ab, wie man sie in dieser Perfektion selten auf deutschen (Freiluft-)Bühnen sieht. Da wurde weder an den Kostümen noch an der Chorus-Line oder dem Orchester gespart. Zehn hübsche Tänzerinnen und die 17-köpfige Live-Band bringen einen so richtig in Stimmung.
„Broadway“ steht auf einem Ortsschild im Bühnenhintergrund. Tatsächlich atmet die Szenerie mit ihren erleuchteten Showtreppen und Glitzer-Kostümen einen Hauch jener legendären 42. Strasse. Wenn das umgedrehte Schild dann „Deadrock“ anzeigt, macht sich sofort die triste Atmosphäre eines abgelegenen Kaffs breit, wo der New Yorker Bankerbe Bobby aus einem maroden Theater eine Show-Palast macht und, nach den Genre-üblichen Verwicklungen, das Herz der liebreizenden Polly gewinnt.
Vor allem, weil sich Marc Seitz (Bobby) und Filipina Henoch (Polly) als komplette Musical-Darsteller erweisen, die singen, tanzen und spielen können, sieht man über die belanglose Story hinweg. Doch leider hat man in diesen musicalischen Freudenbecher einen Wermutstropfen fallen lassen: die Gershwin Songs wurden ausnahmslos eingedeutscht. Da Übersetzer Kevin Schroeder aber nicht Ira Gershwins Talent geerbt hat, muss man poesiearme Lied-Texte über sich ergehen lassen, die eher abturnen als zum Mitsingen animieren.
„Anything Goes“: 5. bis 27.8 (nicht täglich); 2. und 3.9., jeweils 20:00.
„Crazy for You“: 6. bis 26.8. (nicht täglich), jeweils 20.00.
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