1987 fiel in Hamburg der Startschuss für das Fantasy Filmfest. Bereits im zweiten Jahr hatten sich die Zuschauerzahlen vervierfacht, seit 1989 tourt das Festival durch mehrere deutsche Städte, Köln ist seit 1993 ständiger Gastgeber. Mag das Festival anfangs noch mit einer unzensierten Leinwand-Oase für Genrefans mit grobschlächtigem Geschmack verwechselt worden sein, so hat es sich inzwischen zu einem anerkannten Event gemausert. Denn neben den cineastischen Gewaltexzessen, die natürlich auch heute noch von den eingefleischten Fans vornehmlich in den „Midnight Madness“-Vorführungen jubelnd rezipiert werden, bietet das Fantasy Filmfest schon längst dem besonderen Film im weiteren Sinne eine Plattform: Thriller, Fantasy, Animation und Science Fiction stehen ebenso auf dem Spielplan wie originelles Arthouse-Kino. Damit ist schon längst neben der Gewalt auch der Gewalt-Diskurs abgedeckt und das Festival zu einer interessanten Diskussionsplattform erwachsen.
Auch wenn in diesem Jahr mit „Cowboys und Aliens“ oder „Final Destination 5“ erneut gewitzte reguläre Filmstarts vorab gezeigt werden, liegt doch der besondere Reiz darin, die Filmperlen zu suchen, die erst noch von Zuschauer und Verleih entdeckt werden wollen. Gut 40 Filme stehen auf dem Programm der „Official Selection“, ergänzt durch Beiträge aus dem asiatischen Raum mit der Reihe „Focus Asia“. Die ist prominent vertreten durch Sion Sonio, der seinem genialen Vier-Stunden-Epos „Love Exposure“ nun das verstörende Familiendrama „Cold Fish“ folgen lässt. „Get Shorty“ präsentiert ausgesuchte Kurzfilme, Nachwuchsregisseure werden vom Publikum mit dem „Fresh Blood Award“ bedacht. Der ging letztes Jahr an die smart-deftige Satire „Four Lions“.
Eröffnet wird der Reigen am 24. August vom Häuserspuk „Don’t be afraid of the dark“, der sicher alles daran setzt, den Filmtitel ad absurdum zu führen. Als kleines Jubiläums-Special lädt Festivalgründer Rainer Stefan zum kostenlosen Screening des Pilotfilms der US-Zombie-Serie „The Walking Dead“ ein. Aber auch die Deutschen wandeln auf den Spuren der Untoten: Die Mini-Serie „Viva Berlin!“ erzählt von einer Handvoll Überlebender inmitten einer Zombie-Epidemie. Überhaupt öffnen sich die Filmemacher hierzulande ja zunehmend dem Genre. Davon zeugen auch „Hell“, ein Endzeit-Thriller mit Hannah Herzsprung und „Urban Explorer“, ein böser Trip durch einen Berliner Zweiter-Weltkriegs-Bunker. Genre-Produktionen sind auch immer Kinder ihrer Zeit: Der britische Thriller „F“ thematisiert Gewalt an der Schule, die US-Produktion „Red State“ lässt ultra-konservative Christen auf drei Jugendliche los, „Suicide Room“ aus Polen erzählt von den verheerenden Auswirkungen erzieherischer Vernachlässigung in Kombination mit digitalen Ersatzwelten. Eine Handvoll Jugendliche, ein Wald, ein Irrer: „Cold Prey III – The Beginning“ zeigt, wie effektiv profanes Slasher-Kino sein kann, wenn man sich an die richtigen Vorbilder klammert. Originell gibt sich „Repeaters“, der „Und täglich grüßt das Murmeltier“ gemein variiert. Und dass auch das Genre nicht an 3D vorbei kommt, beweist schließlich „3D Sex and Zen: Extreme Ecstasy“ aus Honkong. Der Titel ist Programm. Ansonsten ist ziemlich alles möglich: Wer Ewan McGregor oder Kristin Scott Thomas in Not sehen oder durstigen Vampiren, gottesfürchtigen Superhelden, miesen Rednecks oder Hitler und Frankenstein beim gemeinsamen Werkeln im Labor begegnen möchte, hat hierzu nun reichlich Gelegenheit.
25. Fantasy Filmfest I 24.-31.8. im Cinedom
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