Es dürfte das erste Mal sein, dass der Comic es in einen Koalitionsvertrag geschafft hat. Nachzulesen auf Seite 121 dient er als Stellvertreter für die Vielfalt der Kulturpolitik der neuen Ampel. Ins Werk setzen soll das die neue Kulturstaatsministerin Claudia Roth, die als frühere Chefin der Grünen zu den erfahrensten Politikerinnen der Partei zählt und zuletzt für auswärtige Kulturpolitik zuständig war. Sie könnte als bekanntestes Gesicht der Grünen dem im Bundeskanzleramt angesiedelten Kulturstaatsministerium zu mehr Sichtbarkeit verhelfen. Und zugleich nach der eher sachlichen Monika Grütters für eine emotionalere Unterfütterung des Amtes sorgen – was der Kultur nicht schaden kann.
Allerdings sind die Grünen bisher nicht mit einem genuinen Kulturbegriff aufgefallen. Vieles, was im Koalitionsvertrag steht und was Claudia Roth bereits in einem Beitrag in der Wochenzeitung „Die Zeit“ dargelegt hat, entspringt eher einer Verlängerung politischer Forderungen in die Kultur. Anliegen wie Klimaneutralität, Inklusion, Diversität oder Geschlechtergerechtigkeit bei der Bezahlung sind nachvollziehbar und werden von vielen Kulturinstitutionen schon angegangen. Die grundsätzliche Forderung nach „Kultur als Staatsziel“ ist auch nicht ganz neu und nur bedingt zu begrüßen.
Claudia Roth tritt für einenerweiterten Kulturbegriff ein, der die Trennung zwischen Kultursparten, zwischen Hochkultur und Populärkultur sowie inländischer und auswärtiger Kulturpolitik aufheben will. Da darf man gespannt sein, denn daran haben sich schon andere abgearbeitet. Ohne Frage zu begrüßen sind die kulturpolitischen Maßnahmen mit Blick auf die Pandemie: die geplante Unterstützung der Länder und die bundesweite Einführung eines „Existenzgeld[es] von 1.200 Euro für alle von der Corona-Krise betroffenen Solo-Selbstständigen.“
Für die Theater hat die Berufung Claudia Roths einen bitteren Beigeschmack. Olaf Scholz’ erste Wahl für das Amt war Carsten Brosda (SPD), Hamburger Kultursenator und Präsident des Deutschen Bühnenvereins. Die Stadttheater, die in der Pandemie klare Rahmenbedingungen für ihren Betrieb und mehr Austausch mit der Politik fordern, hätten mit ihm einen Fürsprecher im Kanzleramt gehabt. Man wird sehen, wie sich der hanseatische Kanzler und die bajuwarische Kulturstaatsministerin arrangieren.
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