Eine Comic-Hochburg ist Köln nicht gerade. Es gibt in Köln zwar eine Reihe Comiczeichner, allen voran natürlich der allseits bekannte Ralf König („Der bewegte Mann“, „Kondom des Grauens“), aber auch die Zeichner Leo Leowald, Spong oder Sarah Burrini sind Kölner. Doch im Vergleich zu den deutschen Comic- Zentren Hamburg und Berlin schneidet die Stadt erschreckend schlecht ab: Nach dem Wegfall der schönen aber kurzlebigen „Kölner Comictage“ gibt es kein Festival der Comic-Kunst. Aufgrund fehlender Verlage - nur der Comicriese Ehapa ist hier beheimatet, der feine Wuppertaler Kleinverlag Edition 52 hat hier nur ein Standbein - finden in Köln auch keine Ausstellungen oder Release- Veranstaltungen statt. Mit dem „Pin Up“ schmückt die Comicwüste Köln nur ein einziger allround Comicladen - der ebenfalls fundierte“Alcatraz“ ist auf den US-Markt spezialisiert. Das sieht alles nicht so rosig aus. Ein Hoffnungsschimmer am Horizont ist das Comicfilmfestival „Comics Filme Mutationen“, das vom 19. bis 21. September im Kölner Filmhauskino stattfindet.
Dort wird es nicht nur um den Comic, sondern das Verhältnis von Comic und Film gehen. An drei Tagen werden dann vor allem Comicverfilmungen zu sehen sein: „Hulk“ von Ang Lee, der sich mit dynamischen Multi-Split-Screens Gedanken um die Erzählstruktur der Comics gemacht hat, oder „Batman hält die Welt in Atem“, ein popiges Kleinod aus den 60er Jahren, das Elemente des Comics in den Film integriert. „A History of Violence“ und „Oldboy“ sind hingegen reine Verfilmungen des Stoffs der Comicvorlage. Auch „Ghostworld“ nach einem Comic von Daniel Clowes ist ein ‚gewöhnlicher’ Spielfilm, aber die Vorlage und die Mitwirkung von Steve Buscemi sichern höchste Qualität. Die Realverfilmung von Hergés Tim und Struppi-Abenteuer „Die Krabbe mit den goldenen Scheren“ von 1961 dürfte eher kurios sein, ist für Tintin-Fans aber sicherlich ein Muss und verkürzt das Warten auf die geplante Verfilmung von Steven Spielberg und Peter Jackson. Animationsfilme werden ebenso zu sehen sein: Der erfolgreiche „Persepolis“ ist Marjane Satrapis Umsetzung ihres gleichnamigen Comics als Zeichentrickfilm. Mit „Moebius Redux“ und „American Splendor“ gibt es auch Dokumentarisches: Ersteres ist eine Doku über die Comic-Legende Moebius, Letzteres ein raffinierter Spielfilm-Doku-Mix über Harvey Pekar und sein autobiografisches Comicprojekt. Manga-Fans kommen mit dem Anime „Perfect Blue“ und der Realverfilmung „Sakuran“ zum Zuge. Dem Manga wird ebenfalls mit einer Ausstellung und einer Signierstunde mit Shooting Star Judith Park Tribut gezollt. Spannend für alle dürfte auch das Gespräch zum Thema Comic und Film sein. Ralf König, dessen Comics schon oft verfilmt wurden, und der Berliner Reinhard Kleist („Cash“, „Berlinoir“), der übrigens in Hürth geboren ist und dem während des Festivals auch eine Ausstellung gewidmet sein wird, diskutieren auf dem Podium. Im Rahmenprogramm wird erstmals „Mädchen Monster Missgeschicke“, eine multimediale Show der drei Cartoonisten Flix, Ralph Ruthe und Christian Moser zu sehen sein.
Das ganze Festival ist noch relativ klein angelegt, und man merkt an der Auswahl der Zeichner, dass Carlsen die Veranstaltung unterstützt, aber als wenig verwöhnter Kölner darf man da nichts sagen. Und außerdem kann das Festival bei Erfolg schließlich wachsen. Dazu kann letztendlich auch und vor allem das Publikum beitragen.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kino galore
European Arthouse Cinema Day 2023 – Festival 11/23
Herbstzeit – Kinozeit
European Arthouse Cinema Day – Festival 11/22
Feministische Gegennarrative
Das Internationale Frauen* Film Fest kehrt zurück ins Kino – Festival 03/22
Beim Filmemachen zugucken
Das 2. Japanese Film Festival – Festival 02/22
Vom Kleinen zum ganz Großen
„Stranger than Fiction“ traut sich was – Festival 02/22
Arthaus-Werbung mit Mehrwert
Der 6. European Arthouse-Cinema Day – Festival 11/21
Vom Kolonialismus zum Postkolonialismus
18. Afrika Film Festival blickt auf Historie und Gegenwart – Festival 09/21
Vor dem Ton
Die Internationalen Stummfilmtage in Bonn – Festival 08/21
Kannste dir nicht ausdenken …
Neue Nachrichten aus einer verrückten Welt – Festival 02/20
Aus weiblicher Perspektive
Internationales Frauenfilmfestival Dortmund/Köln – Festival 04/19
Große Stars und kleine Leute
Außergewöhnliche Biografien bei „Stranger than Fiction“ – Festival 01/18
Mehr Mut
Bei den 31. Teddy Awards auf der Berlinale ging es um Toleranz – Festival 02/17
„Eine wahnsinnige Kinolandschaft“
Verleihung des Preises der Deutschen Filmkritik auf der Berlinale – Festival 02/17
Im Zeichen von Toni Erdmann
NRW-Empfang 2017 im Rahmen der Berlinale – Festival 02/17
Auf ein Neues: Lünen wieder Filmstadt
27. Kinofest Lünen vom 10.-13.11.2016
Auf Abwegen
Berlinale jenseits des Wettbewerbs – Festival 02/16
Jubiläums-Empfang
NRW-Empfang 2016 im Rahmen der Berlinale – Festival 02/16
Ehrenpreis für eine WDR-Legende
Verleihung des Preises der Deutschen Filmkritik auf der Berlinale – Festival 02/16
Kino-Hochburgen
Die regionale Filmszene präsentiert sich auf dem NRW-Kinotag – Festival 11/15
Schwer zu bergende Filmkunstperlen – Kinos bitte melden!
26. Kinofest Lünen vom 12. bis 15. November – Festival 11/15
Bewegter Einstieg
Nachwuchswettbewerb „kurzundschön“ hilft beim Start in die Berufswelt – Festival 10/15
Überraschend modern
Die Internationalen Stummfilmtage Bonn pflegen das frühe Filmerbe – Festival 08/15
Geld regiert die Welt
Das Kölner Filmforum NRW verfolgt den Kreislauf des Geldes – Festival 08/15
Tonangeber
SoundTrack_Cologne kooperiert mit der c/o pop – Festival 08/15