„Everyman – A Rock Mystery“ basiert auf Hugo von Hofmannsthals 1911 uraufgeführtem „Jedermann“ und erzählt vom Sterben eines reichen Mannes der erst, als der Tod sich nähert, erkennt, was für ein mieser Typ er zeitlebens gewesen ist.
Regisseur Johannes Reitmeier schrieb mit Andy Kuntz das Libretto und dessen Band-Kollegen von der Rock-Formation Vanden Plas, Günter Werno und Stephan Lill, steuerten die Musik bei. Da sich ihre Version auch auf ein angelsächsisches Mysterienspiel aus dem 15. Jahrhundert stützt, schrieb man den Text in Englisch und blendet deutsche Obertitel ein.
Die Handlung spielt hauptsächlich auf einem Stufen-Rund-Podest unter einer „Himmels“-Kuppel (Bühnenbild: Thomas Dörfler). Dem Choreografen Jason Franklin steht die Drehbühne zwar bisweilen im Wege, sodass seine acht Tänzer nur die schmale vertikale Ebene am Bühnenrand bedienen können. Aber selbst unter dieser Einschränkung hätte man etwas mehr Pfiff von seinen Choreografien erwarten können. Den bringt dann Ulrike Knobloch (als Jedermanns Buhlschaft) mit ihrem fulminant gesungenen „Hold Me Closer“ auf die Bretter. Einem von 23 Songs und Instrumentalstücken, an denen sich die Story ohne jeden Zwischentext entlang hangelt.
Obwohl so Schauspielerei kaum gefragt ist, gelingt es einigen Protagonisten dennoch, durch ihre Bühnenerfahrung, den Figuren Leben einzuhauchen. Neben Ulrike Knobloch überzeugt vor allem Suzanne McLeod in ihrer Doppelrolle als Jedermanns Mutter und als sein „Gutes Gewissen“ mit ihrer nuancierten Gesangsstimme, aber auch mit ihrer emotionalen Ausstrahlung und ihrem komödiantischen Talent.
Natürlich steht und fällt „Everyman“ mit dem Duell zwischen ihm und dem Tod. Doch hier ist die Fallhöhe zwischen den beiden Darstellern allzu ohrenscheinlich. Wenn Andy Kuntz, ganz in Schwarz gekleidet und mit mächtigen Schwingen versehen, die Szene betritt, verströmt sein „Tod“ eine unheilvolle Stimmung. Doch als er anfängt zu singen, fragt man sich: Kann er kein Englisch, ist er schlecht ausgesteuert oder hat man ihm vergessen zu sagen, dass er nicht auf einer Konzertbühne steht, wo das Publikum nicht jede Zeile verstehen muss, weil es meist den Text kennt.
Von ganz anderer Qualität ist der Auftritt des Musical-Allrounders Paul Kribbe als Everyman. Sein weißer Anzug sticht genauso aus dem Ensemble heraus wie seine vielschichtige Stimme. Mit seiner charismatischen Ausstrahlung gelingt es ihm, seinen Jedermann nicht zum fiesen Typen verkommen zu lassen, sondern den Menschen dahinter sichtbar zu machen. Ein künstlerischer Fels in einer kraftlosen musikalischen Brandung, der Thorsten Schmid-Kapfenburg mit seinem einfühlsamen Spagat-Dirigat – das Sinfonieorchester Münster sitzt im Graben, die Vanden Plas-Band (sichtbar) im Bühnenhintergrund – immerhin ein paar glitzernde „Schaum-Krönchen“ aufsetzen kann.
„Everyman – A Rock Mystery“ | R: Johannes Reitmeier | 4. 15 Uhr, 8., 28.2., 2., 3., 14.3. 19.30 Uhr | Theater Münster | 0251 590 91 00
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