Der Mindestlohn beschäftigt derzeit zahlreiche Branchen, insbesondere diejenigen, die bislang ein Vergütungsgefüge hatten, das relativ weit von 8,50 € pro Stunde entfernt liegt. In den vergangenen Wochen rüsteten sich die verschiedenen Interessengruppen mit Argumenten und Lobbyisten, um durch Ausnahmeregelungen, längere Übergangsfristen oder sonstige Maßnahmen nicht mit voller Breitseite getroffen zu werden.
Der Umstand, dass die Koalition diesen Kompromiss gefunden hat, legt nahe, dass der konservative Flügel der Regierung die Regelung mehr zu Gunsten der Arbeitgeber hätte auslegen wollen, während die SPD eigentlich gerne noch viel weiter gegangen wäre und im Hinblick auf Ausnahmeregelungen gar keinen Diskussionsbedarf mehr sieht.
Zwei Bereiche der Medienwirtschaft haben sich aktuell in der Debatte eingemischt, nämlich die Filmproduzenten und die Kinobetreiber.
Die Produzentenallianz hat gegenüber dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Im Wesentlichen geht es innerhalb der einzelnen Arbeitsbereiche der Filmproduktion (hier insbesondere Kamera, Bühne, Requisiten, Beleuchtung, Aufnahmeleiter und Produktionsassistenz) um die Beschäftigung von Praktikanten. Das Gesetz sieht nämlich nun vor, Praktikanten, die länger als drei Monate beschäftigt werden (was schon mehr ist als die ursprünglich geplanten drei Wochen), ebenfalls mit dem Mindestlohn auszustatten. In diversen Blogs war zu lesen, dass damit endlich die Ausbeutung qualitativ hochwertiger Mitarbeiter aufhören könne. Die Arbeitgeber in der Filmproduktion sehen das anders und baten um eine Verlängerung der Ausnahmeregelung auf sechs Monate. Als Begründung wurde angeführt, dass für zahlreiche Berufe der Film- und Fernsehbereich kaum andere Möglichkeiten der Qualifizierung und des Erlernens der Berufsbilder möglich sind. Ein Praktikum sei für viele junge Berufsanfänger ein unabdingbarer Einstieg, wodurch die jetzige Gesetzgebung gravierende Folgen für die Qualifizierung einerseits und die Wirtschaftlichkeit andererseits haben dürfte. In diesem Zusammenhang wurde auch ein anderer Missstand benannt, nämlich die kontinuierlich sinkenden Budgets insbesondere von TV-Produktionen. Gerade die Sendeanstalten zwingen die Produzenten dazu, immer kürzere Produktionszeiten umzusetzen und gleichzeitig mit Budgets zu operieren, die einen Mindestlohn für Praktikanten und Berufsanfänger quasi unmöglich machen.
Die Kinos hingegen haben im Regelfall wenig mit Praktikanten zu tun, arbeiten aber – zumindest in kleinen Kinos oder in der Provinz – mit zum Teil deutlich niedrigeren Stundenlöhnen. Hier sind meist Schüler und Studenten am Einlass oder der Theke beschäftigt, die sich über eine Nebenbeschäftigung etwas hinzuverdienen. Aus diesem Grund hat der Hauptverband deutscher Filmtheater (HDF) in einem Positionspapier dafür geworben, den Mindestlohn nicht ab dem 18. Lebensjahr, sondern erst für Mitarbeiter ab 25 einzuführen.
Im Kino sind weiterhin viele 400-Euro-Kräfte beschäftigt, die durch den Mindestlohn gar nicht mehr verdienen, sondern nur weniger arbeiten würden. Gerade die kleinsten Unternehmen würden eine Kostensteigerung in diesem Bereich von bis zu 25 % hinnehmen müssen, zumal das gesamte Gehaltsgefüge auch der bereits heute über dem Mindestlohn liegenden Mitarbeiter sich nach oben verschieben würde.
Nun sind die Würfel gefallen, und man wird sehen, ob die düsteren Prognosen in diesen beiden Branchen eintreten.
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