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Reis Çeliks "Lal Gece" (Die Nacht der Stille) ist beim Film Fest auch zu sehen
Foto: Presse

„Die andere Seite des türkischen Kinos zeigen“

14. September 2012

Der türkische Autorenfilm und seine Chancen im Ruhrgebiet - Festival 09/12

Der türkische Autorenfilm ist hierzulande kaum bekannt. Obwohl Regisseure wie Reis Çelik oder Seyfi Teoman bereits erfolgreich im Programm der Berlinale und anderer internationaler Filmfestivals vertreten waren. Für letzteren, der in diesem Jahr bei einem Motorradunfall ums Leben kam, rief das Türkische Film Fest Ruhr eine Hommage aus. trailer sprach mit dem Festivalleiter Fakrit Günes über das neue türkische Kino und seine Zukunft im Ruhrgebiet.

trailer: Herr Günes, was unterscheidet das deutsche vom türkischen Kino?
Fakrit Günes: Die Türkei ist ein Land, in dem natürlich viele Kontroversen aufeinander treffen, in dem ethnische, religiöse oder geografische Konflikte dazu führen, dass das Medium Film sich dieser Problematik sehr stark bedient. Es werden viele sozial-kritische Arthouse-Filme gemacht. Der türkische Film ist politischer als der deutsche, weil es dort diverse brisante Themen gibt, wie die konfessionellen Auseinandersetzungen zwischen Aleviten und Sunniten, oder Türken und Kurden, oder Themen wie die demokratische Entwicklung in der Türkei. Das sind Themen, die den türkischen Film sehr stark prägen. Diese Themen, die in den europäischen und westlichen Ländern selbstverständlich sind, sind in manchen Punkten tabu. Hier muss noch ein sehr weiter Weg hinterlegt werden, daher ist der türkische Film der Ort, an dem diese Auseinandersetzung aus diversen Blickwinkeln stattfindet.

Ist Istanbul das Filmzentrum, aus dem die Regisseure kommen, oder spiegelt sich die ethnische Vielfalt auch in der Herkunft der Regisseure wieder?
„Istanbul prägt in vielerlei Hinsicht das kulturelle Schaffen sehr stark. Es ist natürlich auch ein Spiegelbild der türkischen Gesellschaft, man findet die Türkei mit all ihren Facetten in Istanbul, daher arbeiten auch sehr viele Regisseure aus verschiedenen Ethnien erfolgreich in Istanbul. Es sind nicht immer Menschen, die in Istanbul aufgewachsen sind, sondern viele, die nach Istanbul zugezogen sind. Wir haben viele Filme in unserem Programm, die in Anatolien spielen, die als Idee aber in Istanbul entstehen.

Wie sehen Sie selbst die Akzeptanz des türkischstämmigen Autorenfilms? Solche Autorenfilme werden natürlich selten in normalen, deutschen Kinos gezeigt, dort werden meist kommerzielle Filme in großen Kinos gezeigt. Wir sind ein junges Festival, um das beurteilen zu können, aber genau diese Lücke wollen wir halt decken. Filme, die populär angehaucht sind, laufen ohnehin in den Kinos, wir wollen aber die andere Seite des türkischen Kinos zeigen. Aufgrund des demographischen Wandels und der türkeistämmigen Bevölkerung wäre hier durchaus Potential vorhanden. Türkische Film Festivals gibt es ja auch in anderen Städten wie Berlin, Hamburg, Nürnberg oder München. Dort werden solche Festivals teilweise seit Jahrzehnten gemacht. Gerade in einer Region mit dem höchsten Anteil an türkischer Bevölkerung wäre das natürlich realistisch. Wir wollen aber nicht nur Deutschlandtürken erreichen, sondern auch eine Plattform der Begegnung schaffen, so dass auch nicht-Türkeistämmige immer eingeladen sind, um türkische Filme zu sehen.

Türkisches Film Fest Ruhr I 14.-22.9. I Diverse Orte in Dortmund & Apollo Cinema Gelsenkirchen, Astra und Luna Essen, Filmforum Duisburg I 0231 863 49 41

Interview: Dawid Kasprowicz

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