American Hustle
USA 2013, Laufzeit: 137 Min., FSK 6
Regie: David O. Russell
Darsteller: Christian Bale, Bradley Cooper, Amy Adams, Jennifer Lawrence, Jeremy Renner, Robert De Niro
>> www.americanhustle.de/
Doppelbödige Gaunerfarce
Tricksereien
"American Hustle" von David O. Russell
Wir schreiben das Jahr 1978. Und damit man als Zuschauer schon in den ersten Minuten ein Gefühl für jene Zeit bekommt, beginnt David O. Russell („Silver Linings“) seinen neuen Film mit ganz im Stil der späten 70er Jahre gehaltenen Technicolor-Logos von „Columbia Pictures“ und den weiteren an der Produktion beteiligten Firmen. Dieses Fingerspitzengefühl, mit dem Russell eine vergangene Ära wieder zum Leben erweckt, bleibt in „American Hustle“ gut zwei Stunden lang in jeder Szene, jeder Einstellung und jedem Ausstattungsdetail spürbar. Die 70er Jahre nehmen nicht nur hinsichtlich der Inneneinrichtungen und Kostüme wieder Gestalt an, sondern auch in Bezug auf die Frisuren und das Verhalten der Figuren. Christian Bale („The Dark Knight Rises“) ist Russells Hauptdarsteller und spielt hier einen fettleibigen Schmarotzer, der seine einsetzende Glatze mit allen Mitteln zu kaschieren versucht. In den ersten Filmminuten beobachten wir Bales Trickbetrüger Irving Rosenfeld beim verzweifelten und fragwürdigen, in den 70er Jahren aber wohl weit verbreiteten Versuch, dem Zahn der Zeit zu trotzen. Mühsam befestigt Rosenfeld ein Haarersatzteil mit Klebstoff auf seinem lichter werdenden Schädel, drapiert die verbleibenden eigenen Haare darüber und fixiert das Ganze mit reichlich Haarspray. Christian Bale beweist dabei gehörig Mut zur Hässlichkeit und gleichzeitig setzt die absurd-witzige Szene auch schon sehr geschickt den Ton für den Rest des Films, bei dem man nichts allzu ernst nehmen sollte und auch vor Tricks, Gaunereien und geschickten Täuschungsmanövern nicht gefeit ist.
Ausgefuchste Tricksereien haben seit jeher die Fantasie von Filmemachern beflügelt und das Publikum fasziniert, das beim cleveren Ausknobeln und Durchführen der Vorspiegelungen nur zu gerne vom sicheren Kinosessel aus zusieht. Hier greift offensichtlich das gleiche Prinzip wie bei Weltuntergangsszenarien oder perfiden Horrorschockern – so lange man von dem auf der Leinwand Dargestellten nicht höchstpersönlich betroffen ist, kann man mit Freude dabei sein. David O. Russell zählt seit seinen mehrfach preisgekrönten Filmen „The Fighter“ und „Silver Linings“ zweifellos zu den erfolgreichsten und angesehensten Independent-Filmern im Hollywoodkino unserer Tage. In seinem neuesten Streich „American Hustle“ hat er sich nun auch dieser talentierten Schurken angenommen, die mit cleveren Strategien zu Reichtum kommen. Zumindest teilweise beruhen die Schilderungen in seinem Film auch auf tatsächlichen Ereignissen, worauf man als Zuschauer schon im Vorspann hingewiesen wird. Ende der 70er Jahre sorgte die Abscam-Operation des FBI international für Schlagzeilen. Zunächst wollte man damit den Handel mit gestohlenen Waren unterbinden, weitete das Konzept aber bald auf eine interne Untersuchung aus, die die Korruption von Regierungsbeamten aufdecken sollte. Um die korrupten Politiker ins Netz zu locken, ließen sich die FBI-Beamten auf die Zusammenarbeit mit dem verurteilten Trickbetrüger Melvin Weinberg ein (im Film in Irving Rosenfeld umbenannt). Dieser sollte illegale Treffen der Politiker mit arabischen Scheichs organisieren und das Ganze auf Video aufnehmen, um die schwarzen Schafe auffliegen zu lassen. Abscam führte zur Verurteilung eines US-Senators, fünf Abgeordneter des US-Repräsentantenhauses und einiger weiterer Stadträte und Beamter, darunter des Bürgermeisters von Camden in New Jersey, in „American Hustle“ formidabel dargestellt durch Jeremy Renner.
David O. Russell zeigt uns seine raffinierten Protagonisten zunächst dabei, wie sie harmlose Bürger um ihre letzten Dollar betrügen, bis sie schließlich dem FBI-Agenten Richie DiMasso (Bradley Cooper) auf den Leim gehen. Der ausgefuchste Regierungsbeamte übernimmt fortan das Kommando und zwingt Rosenfeld und seine Partnerin Sydney Prosser (Amy Adams) dazu, nun im Auftrag der Regierung zu betrügen. Bald schon sind neben einem falschen arabischen Scheich und einem korrupten US-Bürgermeister auch Mitglieder der italienischen Mafia in die Geschichte verwickelt. An manchen Stellen ist „American Hustle“ extrem ausufernd erzählt und kann aufgrund der komplexen Verschachtelung der Teilhandlungen und Figuren seine Spannung nicht durchgehend halten. Das wird aber problemlos von David O. Russells gewitzter Inszenierung und seiner vorzüglichen Schauspielerführung wieder aufgefangen. Wie schon in seinen vorangegangenen Filmen versteht er sich auch hier wieder hervorragend darauf, das Beste aus seiner namhaften Besetzung herauszuholen. Zehn Oscar-Nominierungen sprechen hier eine deutliche Sprache, und dass mit Christian Bale, Bradley Cooper, Jennifer Lawrence und Amy Adams gleich vier der Darsteller von „American Hustle“ um den begehrtesten Filmpreis der Welt konkurrieren, bestätigt Russells Ausnahmetalent nur noch weiter. Für die gerade mal 23 Jahre junge Jennifer Lawrence ist dies hier übrigens bereits die dritte Oscar-Nominierung in vier Jahren, im vergangenen Jahr ging sie für David O. Russells „Silver Linings“ anschließend auch mit dem Goldjungen nach Hause. „American Hustle“ ist ein weiterer Schauspielertriumph und wird bei der Preisverleihung Anfang März sicherlich ebenfalls nicht leer ausgehen.
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