Da geht noch was
D 2013, Laufzeit: 101 Min., FSK 6
Regie: Holger Haase
Darsteller: Florian David Fitz, Henry Hübchen, Leslie Malton, Thekla Reuten, Marius Haas
>> www.dagehtnochwas-film.de
Tragikomödie
Zwei Dickschädel
„Da geht noch was“ von Volker Haase
Der Mann hat es geschafft: Conrads (Florian David Fitz) Karriere läuft trefflich, das Grundstück fürs eigene Heim mitten im Naturschutzgebiet wartet auf den ersten Spatenstich, und der wohlverdiente Urlaub mit Gattin Tamara (Thekla Reuten) und Sohn Jonas steht auch kurz bevor. Wäre da nicht Conrads Mutter Helene (Leslie Malton), die ihrem Sohn beim Geburtstagstreff mitteilt, dass sie sich just von seinem Vater Carl (Henry Hübchen) getrennt hat. Conrad fährt noch auf einen Sprung bei Carl vorbei, und siehe da: Der einstige Gewerkschaftsboss ist bereits tiefstbitterlich in Selbstmitleid, Alkohol und häuslichem Chaos versunken – den Trip nach Goa muss Tamara erst einmal ohne ihre Jungs antreten. Conrad übernimmt widerwillig den Pflegejob des störrischen Patriarchen. Seine Mutter amüsiert sich derweil mit ihrem neuen Lover, Jonas wirft ein Auge auf die Nachbarstochter. Entwicklungen allerorts, die dem Sohn den Alltag mit dem Vater nicht gerade versüßen. „Man kann sich seine Familie eben nicht aussuchen“, meint der Vater verschmitzt. Conrad muss da jetzt durch.
Regisseur Volker Haase liefert mit „Da geht noch was“ nach diversen Fernsehproduktionen seinen ersten Kinofilm. Der beginnt als turbulente Familienklamotte, mausert sich jedoch zunehmend zur berührenden Tragikomödie, in deren Fokus Florian David Fitz („Die Vermessung der Welt“) und Henry Hübchen („Hai-Alarm am Müggelsee“) stehen, der Vater und der Sohn, zwei Dickschädel, die sich nichts mehr zu sagen haben und durch die prekäre Situation endlich dazu gezwungen werden, miteinander zu sprechen. Der Film bleibt durchzogen von Klamauk, wenn es um das hoffnungslose Casting einer Pflegekraft geht, wenn der Hund mit dem Dildo im Maul durch den Flur läuft, wenn der Vater im Online-Portal obskuren Partner-Vorschlägen ausgesetzt ist. Zugleich aber reift die Beziehung der beiden Streithähne, wenn sie sich ihrer Wurzeln besinnen, wenn der Vater Reue zeigt. Wenn beide, begleitet von einem tragischen Schicksalsschlag, den Konflikt angehen, dem sie seit Jahrzehnten gleichermaßen aus dem Weg gegangen sind.
Henry Hübchen mimt den greisen Rabenvater genüsslich, Florian David Fitz changiert mit großer Spiellaune zwischen Businessman und verirrtem Traumwandler. Musikalisch wird die Wiederannäherung der beiden emotionalen Krüppel begleitet von Udo Jürgens, Tom Waits und ironisch angelegten Sonnenschein-Songs. Am Ende dann steht so mancher Neuanfang, der mitunter schmerzvoll erarbeitet werden musste. Die Idee zum Film erarbeitete sich Holger Haase übrigens aus eigener Erfahrung: Nach über 30 Jahren hatten sich seine Eltern getrennt. Das emotionale Chaos, das über alle Beteiligten einzog, die Macken und Reaktionen, die es provozierte, die schmerzliche Krise – aber auch der Humor, der die Angelegenheit begleitete, inspirierten ihn zu dieser Tragikomödie, die mal absurd am Leben vorbei zeiht, aber ebenso wahrhaftig ins Schwarze trifft.
(Carla Schmidt)
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Emilia Pérez
Start: 28.11.2024
The Outrun
Start: 5.12.2024
Here
Start: 12.12.2024
All We Imagine As Light
Start: 19.12.2024
Freud – Jenseits des Glaubens
Start: 19.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025