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Die Anwälte - Eine deutsche Geschichte
D 2009, Laufzeit: 92 Min., FSK 12
Regie: Birgit Schulz

Ein Portrait der ehemaligen RAF-Anwälte Otto Schily, Hans-Christian Ströbele und Horst Mahler.

Zur Zeit der APO Anfang der 70er Jahre kamen sie kurz zusammen, um dann ganz unterschiedliche Wege einzuschlagen: Ströbele und Schily sind in die RAF-Prozesse verwickelt und gehen dann zu den Grünen. Schily scheidet später aus, um in der SPD zum Innenminister zu werden, während Ströbele das gute Gewissen der Grünen bleibt. Mahler wanderte bereits 1970 für 10 Jahre ins Gefängnis. Von links nach rechts: Von 2000 bis 2003 ist er Mitglied der NPD und wird im Sommer 2009 wegen Volksverhetzung erneut zu 6 Jahren Haft verurteilt. Mit diesen drei Menschen kriegt man alle relevanten Politikthemen der Bundesrepublik in den Blick: Nachkriegsverdrängung, APO, RAF, CDU-Spendenaffäre, Innere Sicherheit, Bundeswehreinsatz, Rechtsradikale. Ein indirekter Schlagabtausch dreier ganz unterschiedlicher Charaktere.

Gespräch zum Film "Die Anwälte"

Die Kölner Regisseurin Birgit Schulz hat seit den späten 90er Jahren zahlreiche Dokumentarfilme für das Fernsehen gedreht, vor allem für den WDR und Arte. „Die Anwälte“ ist ihr erster Kinofilm.

choices: Frau Schulz, die Grundidee für den Film ist so grandios wie naheliegend. Aber wie genau kamen Sie darauf, diese drei Anwälte, deren Biographien sich kurz kreuzten und dann so sehr auseinandergingen, zusammenzubringen?

Birgit Schulz: Die Ausgangsidee für diesen Film ist ein Foto von 1972, das mal im „Spiegel“ abgedruckt war, und anhand dessen mir klar geworden ist, dass die drei mal sehr eng zusammengearbeitet haben. Dem bin ich dann nachgegangen.

choices: Wie waren die ersten Reaktionen von Schily, Ströbele und Mahler auf ihren Plan?

Birgit Schulz: Keiner von den dreien wollte zunächst an diesem Film beteiligt werden: Ströbele aufgrund von Berührungsängsten mit Mahler, Schily, weil er nie über die RAF-Zeit spricht, und Mahler aus irrationalen Gründen. Alle drei dann doch zu überzeugen, hat zwei Jahre gedauert.

choices: Die Interviews fanden zeitlich versetzt im gleichen Raum statt. Gab es die Idee, die drei Anwälte tatsächlich aufeinandertreffen zu lassen, oder war gleich klar, dass die nie mehr gleichzeitig einen Raum betreten würden?

Birgit Schulz: Ich hatte nie die Hoffnung, alle drei zusammen zu drehen, hatte aber kurzzeitig den Plan, zumindest von den dreien zusammen noch mal ein Foto zu machen. Es wurde aber schnell klar, dass dieses Ziel utopisch ist.

choices: Horst Mahler klingt überraschend smart und dezent im Film. Ich habe mir noch mal das Vanity Fair-Interview von Mahler mit Michel Friedman angehört, den er mit „Heil Hitler, Herr Friedman“ begrüßt: Das ist ein anderer Mahler als der im Film …

Birgit Schulz: Der Mahler bei Friedman war oberflächlich provokant. Zwischen uns gab es die Absprache, dass wir rechtsradikale Propaganda aus der Interviewsituation ausklammern. Er hat sich selbstverständlich nicht daran gehalten, aber wir haben das relativ strikt durchgezogen und jedes Mal das Interview abgebrochen. Grundsätzlich war er sehr konstruktiv, er ist ja auch sehr intelligent. Gern hätte ich noch die Gründe erforscht, warum er diesen Rechtsruck durchlaufen hat, aber da bleiben die Aussagen schlicht irrational.

choices: Die Musik des Kölner Komponisten Pluramon alias Markus Schmickler ist stellenweise sehr suggestiv. Wieso braucht das historische Bildmaterial diese starke musikalische Verstärkung?

Birgit Schulz: Interessanterweise scheiden sich bei der Musik die Geister und das auch sehr emotional. Manche finden sie großartig, für manche wäre weniger sehr viel mehr gewesen. Ich finde die Musikdramaturgie des Filmes sehr gelungen, weil sie eben dramaturgisch sehr durchdacht ist. Es gibt nur zwei Stellen, wo ich sie selber mittlerweile auch suggestiv wahrnehme, eine davon ist bei der Rechtswendung von Herrn Mahler. Da hätte es dieser Musik nicht bedurft, da würde ich Ihnen Recht geben.

choices: Gibt es bereits Reaktionen der drei Protagonisten auf den fertigen Film?

Birgit Schulz: Schily und Ströbele haben den Film in meinem Beisein gesehen. Beide waren im Anschluss sehr nachdenklich, und Schily fand insbesondere das Schicksal von Mahler hart. Das ist ihm nachgegangen, dass der heute mittellos ist und auch wieder im Gefängnis sitzt. Ströbele musste das alles erst mal sacken lassen. Offensichtlich fühlten sich aber beide getroffen und vom eigenen Leben auf der Leinwand in dieser Kondensation ein wenig erschlagen.

(Kritik und Interview: Christian Meyer)

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