Drive
USA 2011, Laufzeit: 101 Min., FSK 18
Regie: Nicolas Winding Refn
Darsteller: Ryan Gosling, Carey Mulligan, Bryan Cranston, Albert Brooks, Oscar Isaac, Ron Perlman, Christina Hendricks
>> www.drive-film.de
Existentialistischer Gangsterfilm
Gewaltige Kunstgriffe
„Drive“ von Nicolas Winding Refn
Ein Mann ohne Eigenschaften: der namenlose Fahrer (Ryan Gosling) ist ein cooler Profi. Nur wenige Sätze kommen über seine Lippen, sein Gesicht lässt stets ein mehrdeutiges Lächeln erahnen. Tagsüber macht er als Stuntman hinter dem Lenkrad, was der Regisseur von ihm verlangt. Nachts sorgt er als Fluchtfahrer dafür, dass Gangster der Polizei entwischen. Tags wie Nachts – er hat die Situation immer unter Kontrolle. Erst als er seiner neuen Nachbarin Irene (Carey Mulligan) begegnet, verlässt er seine Routine und begibt sich auf gefährliches Terrain. In Gefahr und größter Not zeigt der „Driver“ eine ganz andere, explosive Seite.
Über den Titel kommt man schnell auf das offensichtliche Vorbild für „Drive“. 1978 lieferten sich in „The Driver“ von Walter Hill – in Deutschland unter dem Titel „Driver“ bekannt – Ryan O'Neal und Bruce Dern als namenloser Fluchtfahrer und namenloser Polizist eine ebenso wortkarge wie rasante Jagd durch L.A. Mittendrin: Isabelle Adjani. Aber „Drive“ ist kein Remake, die Story ist eine andere. „Drive“ ist die Adaption von James Sallis' Pulp-Krimi „Drive“, und Regisseur Nicolas Winding Refn hat sich der Verfilmung angenommen. Refn gilt als einer der visionärsten dänischen Filmemacher seit Lars von Trier. Zuletzt hat er mit dem düsteren Wikingerdrama „Walhallas Rising“ auf sich aufmerksam gemacht. Auch dort gibt es einen wortkargen Helden, der über lange Zeit kontrolliert wirkt, und in eruptiven Ausbrüchen zu grotesker Gewalt neigt. Das alles ist eingebettet in wunderbar fotografierte Landschaften. Mit „Drive“ verlegt Refn sein Heldenepos nach Los Angeles, wechselt das Genre vom Wikingerfilm zum Film Noir der Gegenwart, tauscht düstere, nebelverhangene Hochebenen gegen eine urbane Hochglanzästhetik – behält aber im Kern überraschend viele Merkmale bei. Es bleibt bei einer existentialistischen Reduktion der Story, es bleibt bei wortkargen Protagonisten, es bleibt bei eruptiven Gewaltausbrüchen.
Neu ist der Aspekt der Liebe: Ryan Gosling als „Driver“ macht sich gut als lakonischer Held, doch wenn Irene in sein Leben tritt, vermag er die entscheidende Verschiebung der Eckdaten seines Lebens mit minimalen Mitteln darzustellen. Gosling zeigt auf beeindruckende Art, dass sein Held seine Gefühle meist kontrollieren kann, ihnen mitunter aber auch ausgeliefert ist. Zunächst ist er der Liebe ausgeliefert, dann dem Hass. Bemerkenswert ist, wie Refn den Aspekt der Liebe in den Film einfügt. Während die erdigen Action- und Gewaltszenen oft ohne Musik auskommen, klar und deutlich auf den Punkt kommen und einem gewissen Realismus gezollt sind, schweben die angedeuteten Liebesszenen geradezu schwerelos durch den Film. Hier nähert sich Refn der sedierten Filmsprache von Sofia Coppola. Refns Kunstgriffe und Goslings Darstellung heben den Film über seine existentialistische Story und seine Figuren hinaus und machen ihn zu einem Kommentar zum Kino. Die von kurzsichtigen Kritikern bemängelte Leere – der Figuren, der Handlung – sollte sich auch für sie spätestens auf dieser Ebene füllen.
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