Fleisch ist mein Gemüse
Deutschland 2008, Laufzeit: 101 Min., FSK 12
Regie: Christian Görlitz
Darsteller: Heinz Strunk, Oliver Bröcker, Maxim Mehmet, Susanne Lothar, Jona Mues, Rocko Schamoni, Andreas Schmidt
Hamburg-Harburg gegen Mitte der 80er Jahre: Der junge Heinz Strunk hat schlimme Akne, eine nervenkranke Mutter, und seine Nachbarin ist dick und depressiv. Statt wie erträumt als Musikproduzent zu arbeiten, schlägt er sich als Saxophonist der Mucker-Kapelle "Tiffanys" durch.
Komik ist Wahrheit und Schmerz. Oder einfacher: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Leider wird diese Weisheit zumeist wenig ernst genommen. Genügend Beweise dafür finden sich im Comedy-Fun-Unsinn, den die Medien hierzulande hervorbringen. Dass es auch anders geht, hat Heinz Strunk (nicht nur) mit seinem Roman "Fleisch ist mein Gemüse" gezeigt. Hier kommt die Komik aus der Wahrhaftigkeit des Tragischen und steht damit in bester Tradition von Loriot, Heinz Erhard und Helge Schneider.
Die Verfilmung entpuppt sich als eine Mischung aus Coming of Age-Geschichte und Heimatfilm. "Coming of Age" deshalb, weil es hier um jemanden geht, der sich trotz oder gerade wegen aller Widrigkeiten weiterentwickelt, und Heimatfilm, weil es um das Leben in der kleinbürgerlichen Welt von Hamburg-Harburg und den Schützenfesten im Umland geht.
Nach Hörspiel- und Musicalversion erfreut nun auch die Verfilmung durch einen eigenen Ansatz und gibt sich sowohl formal als auch inhaltlich wie ein Bilderbuch zur Vorlage. Der für seine Fernseharbeiten mit dem Grimme-Preis gekürte Regisseur und Drehbuchautor Christian Görlitz inszeniert das Ganze als eine Reihe von Kabinettstücken, die von Strunk selbst in einer Art Zwiegespräch mit dem Hirsch, der schon das Buchcover zierte, kommentiert werden. Ein eigenwilliger Kunstgriff, der als Verbindungselement dient und am Schluss für gute Laune sorgt, gerade bei denjenigen, die das Buch vorher gelesen haben. Das lässt den filmischen Erzählfluss zwar manchmal rumpeln, wie die Auftritte der "Tiffanys", wird der Sache im Sinne einer Adaption aber durchaus gerecht, denn mit Comedy hat das alles nix zu tun, und gerade deswegen ist es so komisch.
An Originalschauplätzen gedreht überzeugt "Fleisch ist mein Gemüse" durch die hervorragenden Leistungen der Schauspieler, allen voran Andreas Schmidt ("Sommer vorm Balkon") als Sprüche klopfender Bandleader Gurki und die großartige Livia S. Reinhard in der Nebenrolle als depressive Nachbarin Rosi. In Gastauftritten agieren Strunks "Studio Braun"-Kollegen Rocko Schamoni und Jaques Palminger.
(Eric Horst)
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