Herz aus Stahl
USA, Großbritannien, China 2014, Laufzeit: 134 Min., FSK 16
Regie: David Ayer
Darsteller: Brad Pitt, Shia LaBeouf, Logan Lerman,Michael Peña, John Bernthal
>> www.herzausstahl-film.de/site
Kriegsfilm
„Was sich Menschen antun können“
„Herz aus Stahl“ von David Ayer
Dieser Kriegsfilm erzählt von einer Zeit, als deutsches Kriegsgerät dem Feind noch überlegen war. Im Zweiten Weltkrieg nämlich, als es ein deutscher Panzer locker mit vier US-Tanks aufnehmen konnte. In einem dieser Tanks sitzen Don „Wardaddy“ Collier (Brad Pitt), Boyd „Bible“ Swan (Shia LaBeouf), Trini „Gordo“ Garcia (Michael Peña) und Grady „Coon-Ass“ Travis (Jon Bernthal). Und natürlich die dramaturgisch unentbehrliche Identitätsfigur, ein Rooky namens Norman „Cobb“ Ellison (Logan Lerman). Der ist erst gerade erst zu der Panzermannschaft gestoßen, als Ersatz für seinen gefallenen Vorgänger. Cobb allerdings ist bloß eine Schreibkraft, die es vor gerade mal acht Wochen in die Armee verschlagen hat. Und so müssen ihn die Kameraden erst zum töten zwingen, damit sie sich künftig auf ihn verlassen können. So ist das nun einmal im Krieg. Ein Schützengraben ist kein Ponyhof, wo gekämpft wird, da herrscht kein Rechtsstaat. Freund und Feind sind unberechenbar, sowohl hüben als auch drüben, im guten wie im Schlechten. Die einen hängen den eigenen Landsmann, der andere verschont den Gegner. Anarchie, Willkür, keine klaren Fronten. Außer der Gegner gehört zur SS. Dann nämlich sieht Wardaddy, der Chef im Panzer, grundsätzlich rot.
Regisseur David Ayer will schonungslos vom Krieg erzählen. Ohne verklärtes Pathos, ohne falsches Heldentum. Das Setting ist rau, seine GIs sind Menschen mit Herz und Makel, getrieben von verhärtetem Überlebenswillen und unterdrückter Sehnsucht. Der Film spielt im April 1945, der Krieg ist so gut wie gewonnen. Wardaddy & Co. haben in Afrika gegen die Nazis gekämpft, später in Frankreich und jetzt in Deutschland selbst. Die letzten Widersacher geben sich im Angesicht der Niederlage noch einmal besonders unbeugsam, wer nicht mitmacht, wird getötet. Die amerikanische Panzercrew erobert Städte, stellt sich dem Gegner im offenen Feld, bewacht eine Straßenkreuzung. Stationen der Eroberung. Stationen des Sterbens. Grundsätzlich ist Ayer spürbar um Realismus bemüht. Zugleich eröffnet er seinen Film mit einer aufdringlich stilisierten Eröffnungssequenz. Zugleich spielt das Drehbuch wiederholt ausgestellt Schicksal. Zugleich legt sich die Filmmusik omnipräsent und dabei sakral und melodramatisch unter die ungeschönten Szenerien. „Lone Survivor“ wurde vielfach als patriotisches Machwerk abgetan. Er nimmt allerdings, anders als „Herz aus Stahl“, die Musik komplett heraus, sobald es zur Kampfhandlung kommt. „Lone Survivor“ wechselt spürbar von Pathos zu einem realitätsnahen Szenario, das weh tut. „Herz aus Stahl“ ist durchgehend dazwischen angesiedelt. Er zeichnet den Kriegsalltag ebenso mit unmittelbarem Schrecken wie mit Zeigefinger und Onelinern, will zwanghaft etwas erzählen. „Lone Survivor“ mag einfacher gestrickt sein, aber er ist dadurch auch straighter.
Dass sich der Krieg in einem Spielfilm realistisch darstellen lässt, bleibt auch nach Ayers Entwurf illusorisch. Method Actor Shia LaBeouf hat sich vielleicht tagelang nicht gewaschen und den Panzer während der Dreharbeiten kaum verlassen. Einen Menschen aber hat er für diesen Film - vermutlich - nicht getötet. Kino hat Grenzen. Vermutlich kommt man jener Hölle filmisch näher, wenn man sie eben nicht eins zu eins nachzuzeichnen sucht, sondern indem man sie abstrahiert und von dem Wahnsinn erzählt, den der Kampf ums Überleben mit sich führt. Damit kam Francis Ford Coppola 1979 mit „Apocalypse Now“ dem Kriegserleben vermutlich näher als die meisten anderen.
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