Hin und weg
Deutschland 2014, Laufzeit: 95 Min., FSK 12
Regie: Christian Zübert
Darsteller: Florian David Fitz, Julia Koschitz, Jürgen Vogel, Victoria Mayer, Volker Bruch, Johannes Allmayer, Hannelore Elsner
>> www.hinundweg-film.de
Aufreibendes Road Movie
Entscheidung
„Hin und weg“ von Christian Zübert
Hannes (Florian David Fitz) ist Ende dreißig und leidet an Amyotropher Lateralsklerose, kurz: ALS. Eine Krankheit, in deren Verlauf das motorische Nervensystem bis hin zum Tod des Patienten erkrankt. Hannes hat sich entschieden, das lange Dahinscheiden abzukürzen und Sterbehilfe in Belgien zu beanspruchen. Also lädt er seine Partnerin Kiki (Julia Koschitz) und die engsten Freunde zu einer Radtour von Frankfurt nach Ostende ein. Kiki ist als einzige eingeweiht. Und so startet der Trip noch munter und vergnügt, auch wenn die Beziehung zwischen Mareike (Viktoria Mayer) und Dominik (Johannes Allmayer) kriselt und sich Hannes und sein Bruder Finn (Volker Bruch) entfremdet haben. Außerdem tritt noch Womanizer Michael (Jürgen Vogel) mit in die Pedale, der auch sonst gut gelaunt durchs Leben und unverfängliche Affären kurvt. Als die Radler bei der Mutter von Hannes (Hannelore Elsner) Halt machen, kommt die Wahrheit auf den Tisch. Entsprechend gedämpft gestaltet sich die letzte Etappe, auf der Freundschaften geprüft, Beziehungen reflektiert und dem Tod auf allerlei Weise ins Auge geblickt wird.
Nach Filmen wie der Kultkomödie „Lammbock“ und dem liebenswerten Drama „Dreiviertelmond“ sucht Regisseur Christian Zübert nun das Melodram und wählt als Rahmen ein Velo-Roadmovie. „Hin und weg“ ist ein Spielfilm, der stetig wächst. Der leichthändig mit Kuschelrock und Splitscreen startet, beinahe so als biege man ein in eine Til-Schweiger-Komödie. Der Konflikte strapaziert, damit diese auf dem Weg, der kein leichter sein wird, gelöst werden dürfen. Der sich zuerst angepasst gibt, in Story und Inszenierung, um schließlich zu einem Drama zu reifen, das der Sache gerecht wird, die es behandelt: Der Krankheit. Dem Sterben. Dem Freitod. Einer Entscheidung.
Trotz anfänglicher Schnitzer darf Züberts Ansatz, derlei Themen massentauglich aufzuarbeiten, als gelungen bezeichnet werden. Belächelt man anfangs noch bemüht Jürgen Vogel in Frauenklamotten und runzelt über den einen oder anderen Dialog die Stirn, besinnt sich das Geschehen zunehmend auf den Gehalt seines Themas und findet seinen Weg. Eine Geschichte, die sich irgendwann entfernt von der überdrehten Ausgangslage, und die schließlich die glaubwürdige Melange sucht aus Entfremdung, Trauer, Angst und Aufbegehren. Im Lachen, im Weinen, aus Lebensflucht, aus Lebensfreude. Mit Florian David Fitz, Julia Koschitz, Jürgen Vogel und anderen, die auch einen Til-Schweiger-Film stemmen könnten. „Hin und weg“ aber beginnt, sich nach dem so turbulent gestalteten Leben der Überlebenden auch dem Leben von Hannes selbst zu widmen. Zum Ende hin, und es ist nicht zu spät, entflieht das Drama der Routine, findet die Stille, wird wahr. Dann, wenn es Christian Zübert gelingt, wundersam zurückgenommen trauriges Glück auf die Leinwand zu bannen.
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(Hartmut Ernst)
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