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Johanna von Orléans
Frankreich 1999, Laufzeit: 148 Min.
Regie: Luc Besson
Darsteller: Milla Jovovich, John Malkovich, Faye Dunaway, Dustin Hoffman, Pascal Greggory, Vincent Cassel, Tcheky Karyo, Richard Ridings, Desmond Harrington

Luc Besson, Regisseur herausragender Filme wie "Nikita", "Im Rausch der Tiefe" und "Leon der Profi" hat sich nach dem weltweit erfolgreichen Science Fiction - Blockbuster "Das fünfte Element" nun einem weiteren kostspieligen und populären Themas angenommen: dem immergrünen Stolz der Franzosen, "Johanna von Orleans". Im Jahr 1422, mitten im Hundertjährigen Krieg springt die kleine Kirchgängerin Johanna unbeschwert durch die blütenreichen Felder von Domremy und wird dort von merkwürdigen Visionen heimgesucht. Als sie an diesem Nachmittag in ihr Dorf zurückkehrt, metzeln englische Besatzungstruppen gerade alles nieder. Sie muß mit ansehen, wie ihr Schwester vergewaltigt und umgebracht wird. Sieben Jahre später, im Jahr 1429 läßt sich Johanna, die glaubt, Eingebungen direkt von Gott zu bekommen, bereitwillig vom Hof des ungekrönten Königs Charles VII als lang prophezeite Heilsbringerin vor dessen Kriegs-Karren spannen. Gegen die Kritik der Kleriker und manche Vorbehalte aus den Reihen des Heers und ohne jeden strategischen Sachverstand führt das mehr besessene als beseelte Mädchen die französischen Truppen in eine blutige Schlacht gegen die Engländer und erobert das besetzte Orleans zurück. Dieser Erfolg jegt sogar den englischen Soldaten Respekt ein und erlaubt Charles sich endlich krönen zu lassen. Sein Ziel hat er erreicht. Doch Johanna will weiterkämpfen, bis Gottes Stimme, die sie zu hören meint, ihr etwas anderes befiehlt. So wird die schwer zu kontrollierende Heldin dem Hof langsam lästig. Als die Burgunder Johanna unter sehr zweifelhaften Umständen gefangen nehmen, verweigern der französische Hof die geforderte Lösegeldzahlung und überläßt das Mädchen den Engländern. Zwischen England und der Katholischen Kirche beginnt das politische Tauziehen um die Aburteilung der Feindin und Ketzerin. Nach einem dick aufgetragenen, etwas kitschig anmutenden ersten Akt, und dem ausgedehnten Schwelgen in brutalem Kampfgeschehen im zweiten, erreicht Luc Bessons Interpretation der Jean d´Arc Geschichte im letzten Akt eine unerwartete und bemerkenswerte Wendung. Allein gelassen im Kerker der Engländer begegnet Johanna der gealterten Kernfigur ihrer Visionen wieder. Mit einem Mal scheint nicht mehr so klar, ob die Zeichen, die sie zu sehen glaubte und von denen sie sich hat leiten lassen, überhaupt Zeichen waren und wenn sie es waren, ob sie von Gott stammen. Vor allem aber tut sich die Frage auf: Wenn Gott tatsächlich Zeichen sendet, was bedeutet sie wirklich? Starke Frauenfiguren haben Besson schon immer interessiert. Und wie bei "Nikita" versteht er es auch bei "Johanna von Orleans" sie in ein ungewohntes Licht zu rücken. So konzentriert sich bei seiner Heldin weniger auf die von der Männergesellschaft instrumentalisierte Frau, als auf Johanna als einen von einem inneren Bild getriebenen Menschen. Überdies besticht "Johanna von Orleans" durch die besondere Fähigkeit Bessons Figuren zu schaffen, von denen, egal ob Freund oder Feind, keiner ohne Schuld, aber auch kaum eine ohne Wärme gezeichnet ist.

(Raymond Boy)

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