Juno
USA 2007, Laufzeit: 96 Min., FSK 6
Regie: Jason Reitman
Darsteller: Ellen Page, Michael Cera, Olivia Thirlby, Jennifer Garner, Jason Bateman, Allison Janney, Daniel Clark, Valerie Tian
Die 16jährige Juno ist ein großmäuliger Teenager, der sich nimmt, was er will. Sex zum Beispiel. Dass man davon schwanger werden kann, weiß sie wohl – passiert ist es trotzdem. Was nun?
Das weiß man jetzt: Ellen Page ist nicht nur eine äußerst begabte, sondern auch vielseitige Nachwuchsdarstellerin. Nach der schwierigen Rolle in „Hard Candy“, wo sie ihren erwachsenen Gegenspieler zu Tode foltert, ist sie demnächst in „An American Crime“ das Opfer in einem nur kaum erträglichen Fall von Misshandlung. Dazwischen bestreitet sie als quirliger Teenager mal eben diese lockere Komödie mit ernstem Grundton, aber ohne Realismusanspruch, fast im Alleingang.
Teeniekomödien sind meist im Mainstream angesiedelt. Die Andersartigen, die Freaks, werden darin gerne der Lächerlichkeit preisgegeben. Seit den frühen 80er Jahren gibt es eine nettere Version davon: Die Hauptfigur ist zwar immer noch der nette normale Junge oder das nette normale Mädchen, man gibt sich aber inzwischen mit den interessanten, ungewöhnlichen Leuten ab. „Ferris macht blau“, „Breakfast Club“ – das sind die Klassiker des dezenten Aufbegehrens in den 80er Jahren. „Juno“ erlaubt etwas mehr. Die "Aussätzige" ist hier die Hauptfigur: Ein Mädchen, das so gar nicht braves Mädchen ist, dafür aber selbstbewusst, schlagfertig, pragmatisch und tatkräftig – entgegen alle Widerstände. Als Identifikationsfigur taugt Juno vor allem für die "anderen", für die, die widersprechen, nerven, Mist bauen, laut sind, selbstbestimmt, aber unklugerweise unverhütet das erste mal Sex haben und The Stooges hören. Apropos Stooges: Auch an den popkulturellen Referenzen erkennt man die Stoßrichtung. Der Intelligent-Metal der „Melvins“ wird in den Dialogen ebenso gewürdigt wie Hershell Gordon Lewis, der Opa des Splatterfilms. Doch das nur am Rande. Denn die Dialoge sind vor allem wahre Feuerwerke des skurrilen Witzes, und besonders der Hauptfigur werden die derbsten und unpassendsten Aphorismen in den Mund gelegt. Über ein vorlautes Mundwerk verfügt Juno ganz sicher und redet damit nicht nur ihre langweiligen Altersgenossen in Grund und Boden, sondern auch die gesamte Erwachsenenwelt. Ganz klar: Juno ist super! Und sogar der biedere Dreh um 180 Grad in letzter Sekunde, um doch noch der moralischen Norm zu entsprechen, erspart uns „Thank you for Smoking“-Regisseur Jason Reitman. Nur was diese extrovertierte Göre mit dem netten normalen Bleeker (Michael Cera, „Superbad“) anfangen will, wird dem Zuschauer bis zum Schluss des Films ein Rätsel bleiben. Schöne verkehrte Welt.
(Christian Meyer)
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