Michael (2011)
A 2011, Laufzeit: 95 Min., FSK 16
Regie: Markus Schleinzer
Darsteller: Michael Fuith, David Rauchenberger, Christine Kain, Ursula Strauss, Viktor Tremmel, Xaver Winkler, Thomas Pfalzmann, Gisela Salcher
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Erschütterndes Psychogramm
Kellerkind
„Michael“ von Markus Schleinzer
Michael (Michael Fuith) ist 35, Versicherungskaufmann und bewohnt ein Haus in der Siedlung. Im Keller hält er den 10-jährigen Wolfgang (David Rauchenberger) gefangen. Das Kind ist der Einsamkeit und den sexuellen Obsessionen seines Peinigers ausgeliefert. Mal darf es oben bis 21 Uhr Fernsehen gucken, mal nimmt Michael es mit in den Streichelzoo, geht mit ihm spazieren im Wald, immer die Hand an der Schulter des Kleinen. Am Ende des Tages dann wartet der Kerker hinter einer verschlossenen Tür im Keller, in dem der Junge sporadisch die Lust seines Entführers über sich ergehen lassen muss.
Der österreichische Regisseur Markus Schleinzer hat bereits für Michael Haneke gearbeitet. Der Einfluss ist seinem Spielfilmdebüt, einem desillusionierenden Diskurs über versteckte häusliche Gewalt im Wohlstand, anzumerken. Schonungslos, aber fernab genretypischer Terrormovies, begleitet Schleinzer den Täter und sein Opfer durch den Alltag, bebildert die tristen, trostlosen Szenen einer Gefangenschaft. Die ist geprägt von Routinen: Fünf-Minuten-Terrinen, Malen, Puzzeln, Zimmerputz.
Schaumstoffisolierung, Schiebeschloss, Zeitschaltuhr: Das stille Gefängnis ist perfekt organisiert. Das Grauen entsteht hier nicht durch das Ausstellen der Tat, Schleinzer zeigt das Drumherum und das unmittelbare Davor und Danach. Der Regisseur spinnt dabei ein äußerst gelungenes, differenziertes Profil dieses Monsters unter uns, dem Michael Fuith erschreckend bravourös Substanz verleiht. Ein Monster, das sich an einem Kind vergeht, ein unscheinbarer Mann, Kollege, Bruder, der einsam schluchzend im Wohnzimmer sitzt, der neben dem Vergewaltiger die Rolle des Fürsorgers einnimmt, mal streng, mal großzügig, immer akkurat, der mit seinem Opfer kichernd tobt und die Wutausbrüche des Jungen lächelnd einsteckt. Der sich verantwortlich fühlt – bis zu einem klar begrenzten Grad. Schrecklich verklärt, krank, pervers. Das Kind lebt in Stille, lernt, sich mit Bildern und Briefen das Leben in der Zelle so erträglich wie möglich zu machen, ist blass, gefügig, instabil, entwickelt zunehmend verzweifelte rebellische Tendenzen. Fokus aber ist der Täter.
Ein Film, der einen hilflos lähmt, der Angst macht, übel werden lässt, einen in den Kinosessel drückt. So echt, so glaubwürdig, so nah. Ohne Effekthascherei Ein großartiger Film.
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