Russian Ark
Deutschland/Rußland 2002, Laufzeit: 95 Min., FSK 0
Regie: Alexander Sokurow
Darsteller: Sergej Dreiden, Maria Kusnetsowa, Leonid Mozgowoi, David Giorgobiani, Maxim Sergejew, Mikhail Piotrowski
Begeisterung macht empfindlich ...
Rita (21), 28.05.2003
Ich finde es ja spannend, wie andere einen Film wahrnehmen und beurteilen. Und gerade wenn ich ganz anderer Meinung bin, fühle ich mich herausgefordert, eine eigene Kritik zu schreiben. Es geht mir dabei aber um den Film und nicht um die Leute, die ihn sehen. Ich finde eine Bewertung der Zuschauer gehört hier irgendwie nicht hin. Was den Film betrifft: Da schließe ich mich Calvins Meinung an.
Wunderbar ! Enttäuschend nur für plumpe Reizerwartungen
audioarnold (1), 21.05.2003
Beim Lesen dieser sehr schnoddrig formulierter Meinungen muß ich an jene Leute denken, die auch mit den Stücken Tschechows oder Schnitzlers rein gar nichts anfangen können. Ihre Reitz-Erwartung gestattet es ihnen nicht, das breite Spektrum feiner Töne wahrzunehmen. Es ist eine Zunge, die beim Kosten des gereiften Rotweins nur das Fehlen durchdringenden Fusel-Geschmacks bemerkt. Neutraler ausgedrückt: es ist wohl eine Mentalitäts-Sache. Also plärrt nicht so laut! Verirrt Euch nicht in solche Theater- und Film-Aufführungen!
Colonia hat doofe Ohren...
sonnenman76 (19), 05.05.2003
...so, jetzt habe ich meinen Ärger rausgelassen, weil se schneller ihren Senf dazugegeben hat. Nur weil Du früher abgehauen bist und mir aufm Rückweg noch son Doof meinen Spiegel abfahren mußte. Dafür wird er bezahlen. ***Zeilenumbruch***
Nun aber zum Film: Ein Meisterwerk, das höchste Ansprüche an der Zuschauer stellt, nicht einzuschlafen. Denn das tritt vermutlich bei jedem ein, der zumindest ein wenig empfänglich für eine hypnotisierende gedämpfte Stimme ist und sofern dieserjenige dann noch NICHT die ganzen Anspielungen auf die Russisch-Europäische Kulturgeschichte, die zeitgenössischen Verhaltenskodexe uswusf. versteht.
Nun denn, werden wir etwas konstruktiver: Meisterwerk kann man diesen Film getrost nennen. Ist schon ne koordinative Meisterleistung, die Kamera 95 Minuten nicht abzusetzen und dann noch dafür zu sorgen, daß die Darsteller das machen, was el Cheffe will. Dafür nen ThorstenOscar(TM).
Das Zwiegespräch zwischen dem Erzähler und dem Stranger ist geradezu gespickt mit einem Eindruck der "guten alten Zeit": Der Stranger (ein Typ, der durch die Eremittage wandert und sich gelegentlich ins Geschehen einmischt, aber nicht der Beobachter (aus den Augen der Kamera) ist. Gut wäre gewesen, wenn es eine Art Navigationsleiste gäbe, die kurze Hinweise zu den Epochen und dem genauen Ort innerhalb der Eremitage gäbe (immerhin 33 Räume!).
Weil dies nicht der Fall ist, neigt der geneigte Betrachter nach anfänglicher Begeisterung die Äuglein zu schliessen und sanft dahinzuschnarchen, weil der gang durch die Räume und die Begutachtung und Diskussion mit Zeitgenossen der jeweiligen Epochen ist doch nun ein wenig trist und Handlungsarm. Aber gut, hier wird halt der Betrachter des Films gefordert, wachzubleiben. Doch meiner Meinung nach kein Thema, wenn man eine Colonia dabei hat *g*, die vorzeitig geht. Denn dan ist man wieder wach und gleitet nach seinem wohl- oder übelverdienten Schlaf in die Endszene, den grossen Ball. Das ist einfach ein Meisterwerk, eine einzige Synfonie aus klassischer Musik, grandiosen Kostümen und eleganter, fast schon tänzerischer Kameraführung. Respekt! (ad Colonia: wenn Du das gesehen hättest!) Dann dieser melancholische Ausschwenk hinaus in ein Wasser-Schnee-Treiben, wo dem Betrachter nochmal mit auf den Weg in die reale Welt gegeben wird, wie geschichtsträchtig die St. Petersburger Eremitage ist.
Fazit: Ein Film, der sowiel Geschichte, aber auch Schönheit transportiert, daß man einfach zeitweilig einschalfen muß - die Ballszene am Ende macht alles wieder wett.
Russisch? Arg!
Colonia (683), 04.05.2003
Selten bis nie fliehe ich vor Filmende aus dem Kino, aber heute war so ein Tag. Ähem, was bitteschön möchte uns Alexander Sokurow mit diesem Film sagen? Dass er 95 Minuten ohne einen einzigen Schnitt abfilmen kann? Gut, das ist eine ganz erstaunliche Leistung, zugegeben, aber dass es wirklich und tatsächlich funktioniert, sehe und glaube ich bereits nach den ersten 15 Minuten. Danach hätte etwas Handlung nicht geschadet. Kommt aber nicht. Ein penetranter französischer Labersack wandert durch die schlecht ausgeleuchtete Sankt Petersburger Eremitage, dicht gefolgt von einer scheinbar unsichtbaren Kamera und einer scheinbar unhörbaren russischen Off-Stimme. Sie durchwandern die unzähligen prächtigen Räume dieses größten Museums Russlands und gleichzeitig verschiedene Zeitepochen. Das ist eine Weile ganz faszinierend zu sehen, die Kostüme sind prächtig, die Statisten zahlreich und der Inszenierungsaufwand anbetungswürdig. Aber dennoch langweilt das alles nach relativ kurzer Zeit. Ein Heidenaufwand an Logistik, Timing und Inszenierung für ein bisschen überlanges Schulfernsehen, Abteilung Kunstwerke alter Meister und Abteilung russische Geschichte. Eine Weile kann es mich noch entzücken, unbedarften Statisten dabei zuzusehen, wie sie trotz Verbot nach der doch eigentlich unsichtbar sein sollenden Kamera schielen. Aber dann... Nee, das kann ich niemandem guten Gewissens empfehlen. (Off topic: Sonnenmann, du bist dran!)
Maniriert und langweilig
calvin (27), 30.04.2003
Der Film war ziemlich teuer, ist wie eine Operette inszeniert und vor der Kondition des Kameramanns hat man großen Respekt. Es gibt keinen Schnitt. Die Eremitage ist eine atemberaubende Sache. Aber dennoch reicht das nicht, um eine gute Zeit im Kino zu verbringen. Vielleicht liegt es an der schlechten Synchronisation, dass der Dialog zwischen dem arrogant-zynischen Franzosen (der exemplarisch für ganz Europa stehen soll), und der manirierten Offstimme peinlich ist. Dem Film fehlt jeder Spannungsbogen, und der Mangel wird auch nicht durch eine emotionale oder bildlich-traumhafte Dramaturgie ausgeglichen. Der seltsame Nationalismus hinter der Offstimme verwirrt schon etwas. Die auftauchenden Figuren sind ehr lächerlich als irritierend. Liest man die Voraussetzungen und Projektidee des Films, ist man erfreut, dass da einer etwas neues gewagt hat. Der Film selbst ist dann der Beweis, dass man mit solchen Versuchen scheitern kann. Die positiven Urteile erscheinen mir verkopft und jeder Verriss gerät leicht in die Gefahr, als wolle man europäisch-arrogant Russland abwerten. Vielleicht ist der moralische, vorwurfsvolle, lethargische, weinerliche Ton der Offstimme, was den Film schwer erträglich macht. Diesen Gang durch die Eremitage jedenfalls möchte ich schnell wieder vergessen. Vielleicht folgen andere filmische Versuche, denen es besser gelingt.
Hagener Bühne für den Filmnachwuchs
„Eat My Shorts“ in der Stadthalle Hagen – Foyer 11/24
Zermürbte Gesellschaft
choices preview zu „Critical Zone“ im Odeon – Foyer 11/24
Die ganze Palette Kino
9. European Arthouse Cinema Day – Festival 11/24
Kunst des Nicht-Wegschneidens
„Anna Zeit Land“ im Filmforum – Foyer 10/24
Liebe und Macht
choices preview zu „Power of Love“ in der Filmpalette – Foyer 10/24
Restitution von Kolonialraubkunst
„Dahomey“ und „The Story of Ne Kuko“ im Filmforum – Foyer 10/24
„Die Geschichte ist jetzt unfassbar aktuell“
Regisseur Andreas Dresen über „In Liebe, Eure Hilde“ – Gespräch zum Film 10/24
Der Sieg des Glaubens
„Führer und Verführer“ im Kölner Odeon mit Regisseur Joachim Lang – Foyer 07/24
„Es geht um Geld, Gerechtigkeit und Gemeinschaft“
Regisseurin Natja Brunckhorst über „Zwei zu eins“ – Gespräch zum Film 07/24
Der Tod, der uns verbindet
NRW-Premiere von Eva Trobischs „Ivo“ – Foyer 06/24
Ein letzter Blick von unten
„Vom Ende eines Zeitalters“ mit Filmgespräch im Casablanca Bochum
Grusel und Begeisterung
„Max und die wilde 7: Die Geister Oma“ mit Fragerunde in der Schauburg Dortmund
Mehr als „Malen-nach-Zahlen-Feminismus“
„Ellbogen“ im Kölner Filmpalast – Foyer 04/24
„Ich mag realistische Komödien lieber“
Josef Hader über „Andrea lässt sich scheiden“ – Roter Teppich 04/24
„Kafka empfand für Dora eine große Bewunderung“
Henriette Confurius über „Die Herrlichkeit des Lebens“ – Roter Teppich 03/24
„Alles ist heute deutlich komplizierter geworden“
Julien Hervé über „Oh la la – Wer ahnt denn sowas?“ – Gespräch zum Film 03/24
Bezeugen, was verboten ist
NRW-Kinopremiere: „Green Border“ von Agnieszka Holland mit Vorgespräch
„Man kann Stellas Wandel gut nachvollziehen“
Jannis Niewöhner über „Stella. Ein Leben.“ – Roter Teppich 02/24
Die leisen und die großen Töne
Start: 26.12.2024
Die Saat des heiligen Feigenbaums
Start: 26.12.2024
Nosferatu – Der Untote
Start: 2.1.2025
Queer
Start: 9.1.2025
September 5
Start: 9.1.2025
We Live In Time
Start: 9.1.2025
Armand
Start: 16.1.2025